WIK untersucht Kosten und Investitionsbedarf für Glasfasernetzausbau in Deutschland – Mehr Investitionen als geplant: Was kostet die Glasfaser-Welt?

Erstmals liegen für Deutschland belastbare Zahlen hinsichtlich des Investitionsbedarfs und der Profitabilität eines flächendeckenden Glasfasernetzausbaus vor. Mit einem für Deutschland entwickelten NGA-Modell und diversen Szenarien-Rechnungen weist das WIK in Bad Honnef nach, dass der Ersatz des Kupfer- durch ein Glasfasernetz einen Investitionsbedarf in Höhe von bis zu 80 Mrd. EUR erfordert.

„Zwar erscheint der errechnete Investitionsbedarf von 70 bis 80 Milliarden Euro für das Glasfasernetz gemessen an anderen volkswirtschaftlichen Programmen eher gering, stellt aber verglichen mit den üblichen jährlichen Investitionen der Netzbetreiber in das Festnetz in Höhe von etwa 3,2 Milliarden eine säkulare Aufgabe dar, die nicht in einem Jahrzehnt bewältigt werden kann“, stellt Dr. Karl-Heinz Neumann, Geschäftsführer von WIK und WIK Consult, fest. In ihrer Studie hat das Team des WIK zentrale Fragen der Glasfaserentwicklung einer ökonomischen Analyse und Bewertung unterzogen und dazu ein eigenes Modelltool entwickelt, das die konkreten deutschen Verhältnisse hinsichtlich Investitionsbedarf, profitabler Ausbaugrenze, Technologie und Topologie des Netzes, Bevölkerungsdichte und Kosten für die Flächendeckung abbildet. „Mit unserem Modell ist es erstmals möglich“, erklärt Neumann, „den Ausbau eines deutschen Glasfasernetzes mit all seinen Facetten belastbar darzustellen.“

Besonders teuer wird der Glasfaserausbau in der Fläche. Sind schnelle Netze doch nur dort wirklich profitabel zu errichten, wo es eine adäquate Anschlussdichte gibt. In Deutschland aber sind 80% der dichtesten Teilnehmer in (nur) einem Drittel der Fläche angesiedelt, während 5% in schwach besiedelten Regionen ebenfalls ein Drittel der Fläche einnehmen. So variieren die Anschlusskosten entsprechend weit und schlagen zwischen 1.000 und 4.000 Euro zu Buche. Konkret bedeutet das: Der größte Teil der Investitionen fällt in den Landesteilen an, wo ein Ausbau für den Netzbetreiber nicht profitabel wäre. Ausgehend von heutigen Preisen und unter Einbezug einer geringfügig gesteigerten Zahlungsbereitschaft für schnellere Breitbandzugänge geht das WIK als Referenzwert von einem durchschnittlichen Erlös pro Kunde und Monat in Höhe von 38 Euro aus. Je nach Netzarchitektur ergibt sich so eine profitable Ausbaugrenze des glasfaserbasierten Netzes von 25% bis 45% aller Anschlüsse. Allerdings: „Angesichts unserer Bevölkerungskonzentration“, so Neumann, „ist ein profitabler Netzbetrieb nur für weniger als 10% der Fläche möglich.“ Das „Digital Divide“-Thema werde für die Infrastruktur der Zukunft in aller Deutlichkeit verschärft zur Diskussion stehen. Fest steht: Das von der Bundesregierung angestrebte Versorgungsziel mit schnellen Breitbandzugängen (mindestens 50 Mbps) von 75% bis 2014 lässt sich nicht auf der Basis von Glasfasernetzen, sondern nur mit Kabelnetzen und VDSL erreichen. „Die Breitbandstrategie muss daher um längerfristige Ziele zum Umbau der Kommunikationsinfrastruktur auf Glasfaser ergänzt werden“, so Neumann. Hier gebe es Handlungsbedarf.

Gleichwohl zeigt das WIK in seiner Studie auch Lösungen auf, die eine Flächendeckung über kurz oder lang ermöglichen und vor allem die Investitionszurückhaltung der Netzbetreiber „aufweichen“ könnten. So können die Investitionskosten durch die Nutzer, eine höhere Netzauslastung und höhere Preise so beeinflusst werden, dass Netzbetreiber die finanzielle Ausbaulast nicht allein tragen müssten. Ein regional variables Preismodell könnte den Glasfaserausbau ebenso beflügeln wie die Übernahme der Hausverkabelung durch den Hauseigentümer. Auch ein staatlicher Investitionszuschuss, der in diesem Fall bei mindestens 14 Milliarden Euro liegen müsste, könnte für einen beschleunigten Netz-Umbau sorgen. „Kombiniert man alle denkbaren Maßnahmen“, stellt Neumann fest, „könnten die Lasten auf eine Weise verteilt werden, die allen Marktteilnehmer nur geringfügige Mehrkosten bescheren würden und für Deutschland den Anschluss an die schnelle breitbandige Zukunft absehbar möglich macht.“

Die Studie ist als WIK-Diskussionsbeitrag Nr. 359 erschienen und unter www.wik.org verfügbar.

Das WIK (Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste) wurde 1982 als Ideenschmiede des damaligen Postministeriums gegründet und hat sich inzwischen zum bedeutendsten Forschungs- und Beratungsinstitut für Kommunikationsdienste in Deutschland entwickelt. Es befasst sich mit Marktregulierung und Sektorpolitik in den Bereichen: Post, Telekommunikation, Strom, Gas, Wasser, Abwasser und Transport. Zum WIK gehört außerdem die WIK-Consult, die die Expertise des Hauses auch für Beratungsanliegen von Kunden im Bereich der Privatwirtschaft sowie öffentlicher Institutionen zugänglich macht. Die WIK-Consult ist eine Tochtergesellschaft des WIK. WIK und WIK-Consult haben in Summe 50 Beschäftigte.

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