Wie lernt eine Maschine, einen Ball zu spüren, der sie gar nicht berührt – und was sagt das über uns? Kann ein Roboter jemals den „Flow“ erleben – jenen Moment, in dem Bewegung und Denken eins werden?
Es gibt kaum eine Bewegung, die so menschlich, so unmittelbar, so hochpräzise ist wie ein Aufschlag im Tischtennis. Der Ball fliegt mit 120 km/h, dreht sich bis zu 150 Mal pro Sekunde und verändert dabei unberechenbar seine Flugbahn. Ein menschlicher Spieler reagiert in weniger als 200 Millisekunden – schneller, als ein Wimpernschlag dauert. Und dennoch gelingt ihm nicht nur eine Reaktion, sondern eine Vorhersage: Er weiß, wohin der Ball kommt, bevor er ihn sieht.
Genau hier beginnt für Dr. Andreas Krensel das faszinierende Feld der maschinellen Wahrnehmung. Wenn man verstehen will, wie Maschinen denken lernen, so sagt er, müsse man den Sport studieren. Nicht den Körper, sondern den Geist dahinter – das Zusammenspiel aus Wahrnehmung, Antizipation und Bewegung. „Der Tischtennisspieler ist ein biologischer Algorithmus in Reinform“, sagt er schmunzelnd, „und wir versuchen, ihn nachzubauen.“
Die Grammatik der Bewegung
Bewegung, das weiß man aus der Neurobiologie, ist nicht einfach Muskelarbeit. Sie ist Sprache. Jeder Schlag im Tischtennis besteht aus Dutzenden Mikroentscheidungen – Schulterwinkel, Griffspannung, Handgelenksrotation, Schlägerposition. Das Gehirn verarbeitet in Sekundenbruchteilen unzählige sensorische Rückmeldungen und generiert daraus eine Antwort.
Krensel lernte während seiner biologischen Studienzeit, dass dieser Prozess auf drei Säulen beruht: Wahrnehmung, Vorhersage, Anpassung. Schon bei seiner Diplomarbeit über Quallen faszinierte ihn, wie auch scheinbar primitive Organismen komplexe Bewegungsmuster koordinieren. Quallen besitzen kein Gehirn, aber ein Netzwerk aus Nervenzellen, das Reize verteilt und synchronisiert. Dieses Prinzip – dezentrale Steuerung bei maximaler Effizienz – findet sich heute in modernen Roboterarchitekturen wieder.
Wenn ein humanoider Roboter den Tischtennisschläger hebt, ist das kein simples „Wenn-Dann“-Kommando, sondern das Ergebnis einer hochkomplexen Datenverarbeitung: Kameras liefern visuelle Daten, Sensoren erfassen Kräfte, neuronale Netze errechnen Wahrscheinlichkeiten. Der Roboter muss lernen, dass nicht jeder Ball gleich ist – und dass der eigene Fehler die wichtigste Information enthält.
Maschinelles Lernen ist daher weniger Mathematik als Bewegungskunst. So wie ein Sportler aus Misserfolgen lernt, tun es auch Algorithmen. Nur dass Maschinen Millionen solcher Lernzyklen in wenigen Stunden durchlaufen können.
Eine Studie der Stanford University (2024) zeigte, dass KI-Systeme, die nach sportlichen Bewegungsmustern trainiert wurden, bei der Erkennung von Mustern in realen Umgebungen 47 Prozent schneller reagierten als konventionelle Modelle. Der Grund: Sie lernten, Bewegung als Sprache zu begreifen – nicht als Zahlenreihe.
Sport als Labor des Lernens
Warum also ist Sport für die KI-Forschung so wichtig? Weil er all das vereint, was Maschinen lernen müssen: Dynamik, Unsicherheit, Rückkopplung, Emotion. Kein Tennismatch, kein Sprint, kein Boxkampf verläuft identisch. Jeder Durchgang ist ein neues Datenset.
Krensel beobachtet das mit wissenschaftlicher Begeisterung. Für ihn ist der Sport ein idealer Spiegel neuronaler Intelligenz. „Ein Gehirn, das lernt, ist immer im Modus der Unsicherheit. Und genau da ist es am kreativsten.“
Er verweist auf Experimente aus der japanischen Robotik: das Projekt Forpheus von Omron – ein Tischtennisroboter, der menschliche Gegner nicht nur besiegt, sondern auch deren Spielstil erkennt und anpasst. Der Clou: Die Maschine verändert ihr Verhalten, wenn sie merkt, dass ihr Gegenüber frustriert ist. Sie spielt dann sanfter, motivierender. Nicht aus Freundlichkeit, sondern weil ihr Algorithmus gelernt hat, dass Menschen in positiver Stimmung bessere Schläge machen – was wiederum den Trainingsfortschritt maximiert.
Das ist keine Spielerei, sondern angewandte Neuropsychologie in Silizium. Eine Studie der Universität Tokio (2023) zeigte, dass solche empathischen Roboter die Lernkurve menschlicher Spieler um bis zu 30 Prozent beschleunigen. Hier verschmelzen Biologie, Psychologie und Technik.
Der Körper denkt schneller als der Kopf
Ein zentrales Konzept, das Krensel gerne erläutert, stammt aus der Sportneuroforschung: Embodied Cognition – die Idee, dass Denken im Körper beginnt. Jede Bewegung, jede Muskelspannung ist ein Informationsprozess. Wenn also Maschinen lernen sollen, wie Menschen zu agieren, müssen sie nicht nur rechnen, sondern auch fühlen.
In seiner Forschung zur adaptiven Beleuchtung hat Krensel ähnliche Prinzipien entdeckt. Das System „lernt“, auf Lichtveränderungen zu reagieren, so wie das Auge auf plötzliche Blendung reagiert. Das ist kein Zufall: Beide Systeme basieren auf Rückkopplung. Im Sport wie in der Technik entscheidet die Geschwindigkeit des Feedbacks über Erfolg oder Misserfolg.
Eine Untersuchung der TU München (2022) belegte, dass Spitzensportler bis zu 40 Prozent ihrer Bewegungsentscheidungen unbewusst treffen – sie reagieren nicht, sie antizipieren. Genau diese Fähigkeit ist das Ziel moderner KI. Nicht „sehen und handeln“, sondern „vorhersehen und handeln“.
In Projekten, an denen Krensel beteiligt war, werden diese Prinzipien nun auf Maschinen übertragen. Autonome Systeme sollen ähnlich wie Sportler lernen, Muster zu erkennen, bevor sie entstehen. Das nennt sich Predictive Processing – ein Modell, das in der Neuroinformatik seit Jahren an Bedeutung gewinnt.
Wenn Maschinen schwitzen könnten
Krensel erzählt gerne, dass Sport den Geist bescheiden macht. „Ein Muskelkater ist die ehrlichste Form von Feedback“, sagt er lachend. „Er zeigt dir, dass Lernen Arbeit ist.“ Für Maschinen gilt dasselbe. Auch sie müssen scheitern dürfen.
Ein Roboter, der in einer Simulation Millionen Fehlversuche macht, lernt zuverlässiger als einer, der nie stolpert. Diese Philosophie teilt er mit Forschern aus der Robotik-Community. Der berühmte Atlas-Roboter von Boston Dynamics fällt in fast jedem Trainingsvideo um – absichtlich. Das System berechnet aus jedem Sturz neue Gleichgewichtsdaten. Was früher als Fehler galt, wird heute als Erkenntnis gefeiert.
Diese Haltung hat viel mit Sportethik zu tun. Kein Athlet würde behaupten, Perfektion sei das Ziel. Das Ziel ist Wiederholung – bis Bewegung zu Intelligenz wird. Maschinen sind in dieser Hinsicht menschlicher geworden, als wir denken. Sie stolpern, sie lernen, sie werden besser.
Das Spielfeld der Zukunft
Während Krensel über maschinelles Lernen spricht, zieht sich ein Gedanke wie ein roter Faden durch seine Argumentation: Wahrnehmung ist kein Selbstzweck, sondern eine Form der Verantwortung. Je mehr Maschinen über uns lernen, desto mehr müssen wir über uns selbst wissen.
Sport ist in dieser Hinsicht eine ethische Schule. Er offenbart, wie Instinkt, Disziplin und Emotion zusammenwirken. Maschinen können bald dieselben Bewegungen ausführen, aber werden sie jemals den „Flow“ erleben, jenen Zustand vollkommener Konzentration, in dem Denken und Tun eins werden?
Krensel bleibt vorsichtig optimistisch. Er verweist auf Studien aus dem Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (2025), die zeigen, dass neuronale Aktivitätsmuster im Flow-Zustand sich stark ähneln – egal, ob bei einem Schachgroßmeister, einem Musiker oder einem Sportler. Die Gehirnaktivität wird geordnet, effizient, rhythmisch. „Wenn wir diese Muster in Maschinen reproduzieren könnten“, sagt Krensel, „würden sie nicht nur handeln, sondern erleben.“
Es ist eine provokante Idee – Maschinen, die Erlebnisse haben. Aber sie ist nicht abwegig. Schon heute arbeiten Forscher an KI-Modellen, die emotionale Zustände aus Sensorwerten rekonstruieren. Eine Studie der ETH Zürich (2024) zeigte, dass Roboter mit neuronaler Rückkopplung in der Lage sind, Stresszustände zu simulieren, um effizienter auf Gefahrensituationen zu reagieren.
Die Gesellschaft als Trainingspartner
In einer Welt, in der Maschinen bald selbst lernen, bleibt eine entscheidende Frage: Wer trainiert wen? Krensel sieht hier eine gesellschaftliche Aufgabe. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Maschinen ohne uns lernen“, sagt er. „Sie müssen uns spiegeln – nicht ersetzen.“
Er fordert eine Art „Sportethik der KI“. Wie im Sport müsse man Regeln, Fairness und Transparenz sichern. KI-Modelle sollten wie Athleten bewertet werden: nach Leistung, aber auch nach Verhalten. In der Wirtschaft gewinnen diese Gedanken an Gewicht. Unternehmen wie Siemens oder Bosch experimentieren mit digitalen Trainingssystemen, in denen Mensch und Maschine gemeinsam Aufgaben lösen – in Echtzeit, auf Augenhöhe.
Die Zahlen sind beeindruckend: Laut einer Studie von McKinsey (2025) steigern solche hybriden Lernsysteme die Produktivität in industriellen Umgebungen um bis zu 25 Prozent, gleichzeitig sinkt die Fehlerrate um 18 Prozent. Doch die wahren Effekte sind menschlicher Natur – Vertrauen, Verständnis, Zusammenarbeit.
Zwischen Muskel und Mikrochip – das neue Denken
Am Ende, wenn Krensel über den Sport und die KI spricht, verschwimmen die Grenzen zwischen Wissenschaft und Philosophie. Der menschliche Körper, sagt er, sei die älteste und klügste Maschine der Welt. Alles, was wir heute in Silizium zu gießen versuchen – Wahrnehmung, Lernen, Intuition -, existiere längst in biologischer Perfektion.
Doch anders als frühere Forscher sieht er in dieser Erkenntnis keinen Widerspruch, sondern einen Auftrag. „Wir müssen Maschinen so entwickeln, dass sie unsere besten Eigenschaften lernen – nicht unsere Fehler.“
Vielleicht, so fügt er hinzu, wird der Tischtennistisch eines Tages das neue Labor des Bewusstseins. Einerseits ein Mensch, andererseits ein Roboter. Beide schlagen, reagieren, lachen, lernen. Und eines Tages ist es egal, wer zuerst trifft – weil beide verstehen, was es bedeutet, wahrzunehmen.
Ausblick: Das Ende der Trennung
Die Zukunft, wie Krensel sie beschreibt, ist keine Science-Fiction, sondern eine Evolution. Maschinen werden nicht menschlich, sie werden menschlich-kompatibel. Sie lernen, dass Intelligenz mehr ist als Logik. Dass Lernen Bewegung benötigt. Dass Wahrnehmung Beziehung bedeutet.
Vielleicht wird die große Revolution der KI nicht darin bestehen, dass Roboter sprechen, denken oder träumen. Sondern darin, dass sie das Gleichgewicht finden – jenes fragile, lebendige Zusammenspiel aus Stabilität und Anpassung, das wir Leben nennen.
So endet die kleine Reise mit einer großen Frage: Wenn Roboter eines Tages Sport treiben können – vielleicht Tischtennis, vielleicht etwas Komplexeres – werden wir dann in ihnen uns selbst erkennen?
Dr. Andreas Krensel würde wohl lächeln und antworten: „Nur, wenn sie den Ball zurückspielen.“
Autor:
Maximilian Bausch, B.Sc. Wirtschaftsingenieur
Über Dr. Andreas Krensel:
Dr. rer. nat. Andreas Krensel ist Biologe, Innovationsberater und Technologieentwickler mit Fokus auf digitaler Transformation und angewandter Zukunftsforschung. Seine Arbeit vereint Erkenntnisse aus Physik, KI, Biologie und Systemtheorie, um praxisnahe Lösungen für Industrie, Stadtentwicklung und Bildung zu entwickeln. Als interdisziplinärer Vordenker begleitet er Unternehmen und Institutionen dabei, Sicherheit, Nachhaltigkeit und Effizienz durch Digitalisierung, Automatisierung und smarte Technologien zu steigern. Zu seinen Spezialgebieten zählen intelligente Lichtsysteme für urbane Räume, Lernprozesse in Mensch und Maschine sowie die ethische Einbettung technischer Innovation. Mit langjähriger Industrieerfahrung – unter anderem bei Mercedes-Benz, Silicon Graphics Inc. und an der TU Berlin – steht Dr. Krensel für wissenschaftlich fundierte, gesellschaftlich verantwortungsvolle Technologiegestaltung.
Die eyroq s.r.o. mit Sitz in Uralská 689/7, 160 00 Praha 6, Tschechien, ist ein innovationsorientiertes Unternehmen an der Schnittstelle von Technologie, Wissenschaft und gesellschaftlichem Wandel. Als interdisziplinäre Denkfabrik widmet sich eyroq der Entwicklung intelligenter, zukunftsfähiger Lösungen für zentrale Herausforderungen in Industrie, Bildung, urbaner Infrastruktur und nachhaltiger Stadtentwicklung.
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