Angesichts bestimmter Tendenzen in der deutschen Wirtschaftspolitik verlassen nicht nur immer mehr gut ausgebildete Menschen das Land (sogenannter „Brain drain“, pro Jahr etwa 270.000 Deutsche), sondern es ziehen auch Unternehmen weg, ebenso Kapital. Deutschlands Wirtschaft wird buchstäblich heruntergefahren. Aufgrund dieser Entwicklung kommen mehr und mehr Menschen auf den Gedanken, ihren Standort dauerhaft zu verlegen. Das Fürstentum Liechtenstein gehört dabei zu den interessantesten Zielen, denn es hat eine stabile Rechtsordnung und stabile Demokratie mit hohem Standard beim Eigentumsschutz. Auswanderer denken aber auch an Länder wie die Schweiz und Österreich, an Dänemark und Norwegen, Malta und sogar an Rumänien. Außerhalb der EU locken zum Beispiel die USA, Costa Rica, Australien, Neuseeland und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Zu den wesentlichen wirtschaftlichen Aspekten der Auswanderung gehört die steuerliche Verpflichtung des Auswanderers durch die Wegzugsbesteuerung und die sogenannte Entstrickung. Der Hintergrund dieser Besteuerungsinstrumente liegt in dem Wegfall von Steuereinnahmen aufgrund des Wegzugs. Deshalb wurden Möglichkeiten ersonnen, den Menschen oder das Unternehmen ein letztes Mal kräftig zu besteuern, bevor man ihm Lebewohl sagt. Über die Gerechtigkeit dieser Idee mag man geteilter Meinung sein, weil ein Auswanderer ja künftig nicht mehr die Infrastruktur oder das Bildungswesen des Ursprungslands in Anspruch nimmt. Aber da die Gesetze gültig sind, sollte man sich mit ihnen vertraut machen, falls man einen Wegzug aus Deutschland oder Österreich plant. In der Schweiz gilt die Wegzugsbesteuerung übrigens nicht. Die in Lugano/ Schweiz ansässige augeon AG hat sich auf Beratung zum Thema „Vermögenssicherung“ spezialisiert.
Die Besteuerung von Menschen, die lieber woanders leben möchten, wurde in Deutschland bereits vor über hundert Jahren eingeführt. Im Jahre 1918, kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs, wollte man damit etwas gegen die Steuerflucht tun. Staatsangehörige blieben steuerpflichtig, auch wenn sie gar nicht mehr in Deutschland wohnten und eine andere Staatsangehörigkeit erworben hatten. Selbst Staatenlose wurden besteuert, wenn sie seit dem 1. August 1914 einen Wohnsitz in Deutschland hatten. Die Einkommensteuer wurde auf den zweieinhalbfachen Wert erhöht. Dieses Gesetz wurde 1925 aufgehoben, doch schon 1931 trat die „Reichsfluchtsteuer“ an seine Stelle. Hierbei wurde ein Viertel des Vermögens eingezogen. Bestimmte Freigrenzen, die diese Steuer zunächst nur für Vermögende relevant machten, wurden 1934 drastisch herabgesetzt. Nun fielen zahllose Menschen, die aus Deutschland flohen, unter diese Steuerpflicht.
Nach Kriegsende rückte die Wegzugsbesteuerung erst wieder 1968 in das Licht öffentlicher Aufmerksamkeit, als der Kaufhausunternehmer Helmut Horten in die Schweiz zog und seine Unternehmensanteile veräußerte – steuerfrei. Dies hat zur Wiedereinführung der Wegzugsbesteuerung geführt. Sie gilt für Anteile an Kapitalgesellschaften über 1 % und entfällt, wenn der Wegzug nur vorübergehend ist. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sie auf sieben Jahresraten verteilt werden. Was sich als besonders belastend auswirken kann: Für die Bemessung wird ein fiktiver Veräußerungsvorgang angenommen. In Österreich gilt seit 1992 die Wegzugsbesteuerung in ähnlicher Form. Seit einer Anpassung im Jahre 2004 fällt die Steuer fällt erst beim Verkauf der Beteiligung an. Da wie dort sollten sich natürliche Personen genau informieren, denn es gibt Meldepflichten. Außerdem gelten die Bestimmungen auch für andere Bereiche des Kapitalvermögens, etwa Wertpapiere. Die Harmonisierung der Wegzugsbesteuerung innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums führt zu einer Besteuerung der stillen Reserven der Ansässigkeit im jeweiligen Staat.
Entscheidend für Auswanderer sind die notwendigen Formalitäten und die steuerliche Bemessung, deren Höhe sich durchaus als belastend herausstellen kann, vor allem innerhalb der Startphase im neuen Land. Genauso verhält es sich mit der Entstrickungssteuer, die in der EU seit Anfang 2020 einheitlich gilt. Diese Wegzugssteuer fällt auch für Freiberufler und Selbständige an und somit auch für Einmannunternehmen. Sie setzt bei der Verlagerung von Betriebsvermögen an, einem Bereich also, der gerade von Kleinunternehmern gerne für die Ausschöpfung steuerlicher Gestaltungsspielräume bespielt wird. Wer einen Wegzug langfristig plant, kann allerdings jenes Betriebsvermögen, das nicht der vollständigen Abschreibung unterliegt, rechtzeitig veräußern oder gar nicht erst anschaffen (sondern z. B. mieten).
Während sich also die Wegzugsbesteuerung auf das Privatvermögen bezieht, gilt die Entstrickung für das Betriebsvermögen und die stillen Reserven (samt Wertsteigerung!) von Firmen, Gesellschaften und Einzelunternehmern. Bei Freiberuflern können das auch langfristige Verträge über Provisionen sein. Allerdings fallen kurzfristige Aufträge (Anwälte, Künstler, Journalisten usw.) nicht unter die Besteuerung. Wenn diese Wirtschaftsgüter nicht veräußert werden und innerhalb des EWR bleiben, kann die Steuer auf fünf Jahre verteilt werden. Auch das Halten von Kryptowährungen wirkt sich steuerlich aus: Im Eigentum einer Kapitalgesellschaft zählen sie zum Betriebsvermögen.
Aufgrund der Regelungen zum Binnenmarkt (Freiheit der Niederlassung und des Kapitalverkehrs) ist aber bei beiden Formen der Wegzugsbesteuerung das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Trotz der Umstände und möglichen Belastungen durch Wegzugsbesteuerung kann der Wegzug in ein Land mit besseren wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen eine gute Entscheidung sein. Für die Vermögenssicherung mit Edelmetallen – auch als Vorbereitung eines späteren Wegzugs – kann deren Lagerung außerhalb der EU von entscheidender Bedeutung sein. Erst der Wegzug des Eigentümers löst die Wegzugsbesteuerung aus, und die gilt nur für Betriebsvermögen und Beteiligungen. Außerdem gibt es einige gute Möglichkeiten, die Wegzugsbesteuerung zu vermindern oder sogar ganz zu vermeiden, beispielsweise durch Beendigung der freiberuflichen Tätigkeit, Übergabe oder Schließung der Firma oder Wechsel der Gesellschaftsform. Die jeweils beste Lösung hängt von der individuellen Situation ab, weshalb hierzu immer ein spezialisierter Steuerberater hinzugezogen werden sollte.
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