Zwei Jahre nach Einführung kaum in der Praxis angewendet / Leicht positiver Einfluss spürbar / Mehr Aufklärung für Risiken im geschäftlichen Zahlungsverkehr notwendig
87 Prozent der befragten deutschen Unternehmen nutzen die neuen Gesetze zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr nicht. Und das zwei Jahre nach Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Gesetz. Dennoch geben sieben von zehn der befragten kleinen bis mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland – hochgerechnet rund 2,5 Mio. Firmen – an, dass sie Zahlungsverzug als Existenzbedrohung sehen. Dabei geht es auch um Arbeitsplätze und ein schlechtes Geschäftsklima.
„Wir müssen das Bewusstsein der Firmen für die Risiken einer schlechten Zahlungsmoral im Geschäftsverkehr stärken und über die rechtlichen Spielräume und Handlungsmöglichkeiten auf Basis des neuen Gesetzes informieren“, sagt Jürgen Sonder, Geschäftsführer von Intrum Justitia Deutschland. Die Zahlen stammen aus dem aktuellen European Payment Report 2016 (EPR) von Intrum Justitia, Europas führendem Anbieter von Kreditmanagement-Services.
Über zwei Drittel (68 Prozent) der befragten deutschen Unternehmen sind der Meinung, dass Zahlungsverzug einen mittleren bis hohen Einfluss auf ihr wirtschaftliches Überleben hat. 63 Prozent der befragten Unternehmen sehen eine Beeinträchtigung ihres Wachstums durch die schlechte Zahlungsmoral, 71 Prozent befürchten Einstellungsstopps. Dabei hat der Gesetzgeber bereits vor zwei Jahren Unternehmen gestärkt gegen säumige Zahler: Die EU-Richtlinie 2011/7/EU ist seit dem 22. Juli 2014 in deutsches Recht umgesetzt. Die gesetzlichen Verzugszinsen sind nun erhöht, für Beitreibungskosten werden die betroffenen Unternehmen entschädigt und die Fristen für Abnahme- und Überprüfungsverfahren sind begrenzt.
Dennoch kennt kaum ein Unternehmen das Gesetz zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr. Europaweit gaben nur 28 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie die Richtlinie kennen. Dies zeigt deutlich, dass mehr Bewusstsein für diese Richtlinie geschaffen werden muss. Deutsche Unternehmen liegen hier sogar noch unter dem europäischen Durchschnitt. Nur 12 Prozent gaben an, über das neue Gesetz informiert zu sein. Das ist etwas mehr als jedes zehnte Unternehmen.
Nur sehr wenige Anwender
Daher ist es einleuchtend, dass 87 Prozent der befragten deutschen Unternehmen die Zusatzgebühr von mindestens 40 Euro bei Forderungen gegen andere Firmen oder der öffentlichen Hand nicht nutzen. Die Zahlen zwischen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) und Nicht-KMU unterscheiden sich allerdings: Während 17 Prozent der größeren Unternehmen „manchmal“ die Zahlungsverzugsgebühr verlangen – 3 Prozent nutzen diese Möglichkeit sogar „immer“ -, sind es lediglich 4 Prozent bei den KMU. 90 Prozent der kleinen und mittelständischen verlangen die Gebühr „gar nicht“.
Dennoch stellen 23 Prozent der Befragten einen positiven Einfluss der Richtlinie auf das Zahlungsverhalten fest. Im vorhergehenden Jahr berichteten lediglich 4 Prozent von weniger Zahlungsverzug. Über zwei Drittel (70 Prozent) der Unternehmen und damit der überwiegende Teil bemerken keinen Einfluss seit der Umsetzung in nationales Recht. Immerhin ist dies eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr, in dem 86 Prozent von unveränderten Bedingungen berichteten.
Aktuell umfasst die Europäische Zahlungsverzugsrichtlinie keine verspäteten Zahlungen von Konsumenten. Auf die Frage, ob die Unternehmen glauben, von einer entsprechenden Richtlinie profitieren zu können, antworteten 70 Prozent mit „Nein“ (Vorjahr: 81 Prozent). 19 Prozent glauben an einen positiven Einfluss, während es im letzten Jahr nur 4 Prozent waren. Eine Steigerung um 15 Prozentpunkte. Lediglich der Anteil der Unentschlossenen ist mit 11 Prozent (9 Prozent) ungefähr gleich geblieben.
Über die Studie „European Payment Report“
Der European Payment Report (EPR) von Intrum Justitia misst das geschäftliche Risiko in europäischen Ländern anhand einer Umfrage unter Unternehmen. Die Umfrage wurde zwischen Februar und April 2016 gleichzeitig in 29 Ländern durchgeführt. An der Befragung nahmen fast 9.500 Unternehmen teil.
Über Intrum Justitia
Intrum Justitia ist Europas führende Unternehmensgruppe für Kreditmanagement-Services und unterstützt mit ihren Dienstleistungen wirkungsvoll das Working Capital Management der Unternehmen durch Verbesserung des Cashflows und einer nachhaltigen Steigerung der Rentabilität. Mit der Schuldnerberatungs- und Insolvenzstelle des Caritasverbandes Darmstadt e.V. setzt sich Intrum Justitia nachhaltig für die Aufklärung im Umgang mit Geld und die Insolvenzvorbeugung ein.
Gegründet 1923, beschäftigt Intrum Justitia rund 3.850 Mitarbeiter in 20 Ländern und arbeitet für mehr als 75.000 Kunden. Der konsolidierte Umsatz belief sich 2015 auf EUR 602 Millionen. Intrum Justitia AB wird seit 2002 im NASDAQ Stockholm gelistet.
Intrum Justitia Deutschland ist mit zwei Standorten einer der großen Anbieter auf dem deutschen Markt. Neben Schwerpunkten in den Branchen Finanzdienstleister, Energieversorger, E-Commerce, Öffentlicher Nahverkehr und Telekommunikationsdienstleister hat sich das Unternehmen insbesondere im Forderungskauf und im Risiko-und Forderungsmanagement einen Namen gemacht.
Kontakt
Intrum Justitia GmbH
Tanja Walter
Pallaswiesenstraße 180 – 182
64293 Darmstadt
061 51/ 816 5784
t.walter@intrum.com
http://www.intrum.de