03.02.2018, Hürth-Efferen – Ende 2017 ist die neue Fassung der S3-Leitlinie Mammakarzinom erschienen, die die Standards für die medizinische Betreuung von Brustkrebs-Patientinnen festlegt. In dieser aktuellen Leitlinienversion wurde aktuell die Bedeutung von Sport- und Bewegungstherapie in der Behandlung der betroffenen Frauen hervorgehoben. An dieser Entwicklung war DVGS-Vorstandsmitglied PD Dr. Freerk Baumann maßgeblich beteiligt. Er stellte als Experte überzeugend dar, dass es ausreichend wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit von körperlicher Aktivität bei Brustkrebs gibt. Für eine qualitätsgesicherte Umsetzung in den Versorgungsalltag sorgt der Deutsche Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e.V. (DVGS) mit seinem gezielten Fortbildungsangebot.
Brustkrebs ist weltweit die häufigste Krebserkrankung der Frau. Alleine in Deutschland erkranken ca. 70.000 Frauen jährlich an Brustkrebs, ein Drittel der Betroffenen verstirbt an der Erkrankung. Die S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms der Frau“ hat das Ziel, die medizinische Versorgung von Brustkrebspatientinnen durch Vermittlung von evidenzbasiertem aktuellem Wissen zu optimieren. Die Leitlinie wurde jetzt gegenüber der Vorversion an vielen Stellen dem neuen Stand der Forschung angepasst.
„Erstmals wurde in dieser Leitlinie die Bedeutung von gezielter Sport- und Bewegungstherapie in der akutmedizinischen Behandlung und Nachsorge von Brustkrebspatientinnen gewürdigt“, sagt PD Dr. Freerk Baumann. „Damit bekommt die Bewegungs- und Sporttherapie endlich den Stellenwert, der ihr zusteht. Denn inzwischen sind ihre Effekte bei Brustkrebs – und nicht nur dort – in vielen Studien belegt worden“, fährt der Sportwissenschaftler fort. „Die Leitlinie bildet deshalb die inzwischen hohe Bedeutung der Sport- und Bewegungstherapie ab, die auf dem Weg zur Standardsäule in der Behandlung onkologischer Patienten nicht mehr aufzuhalten ist.“
Die Empfehlungen der Leitlinie: Mehr Bewegung und Übergewicht vermeiden
Konkret empfehlen die Leitlinien in Hinblick auf die Sport- und Bewegungstherapie, dass Brustkrebspatientinnen allgemein zu körperlicher Aktivität und zur Normalisierung des Körpergewichts (bei erhöhtem BMI) motiviert werden sollen. Wünschenswert ist, dass sie so früh wie möglich nach der Diagnose zu ihrer normalen Alltagsaktivität zurückkehren. Als Zielwert werden 150 Minuten moderater oder 75 Minuten anstrengender körperlicher Aktivität pro Woche empfohlen. Patientinnen unter Chemo- und Hormontherapie werden Krafttrainingsprogramme ans Herz gelegt. Auch Brustkrebspatientinnen unter Bestrahlung können von Krafttraining profitieren. Bei brustkrebsassoziierter Fatigue kann ein regelmäßiges, körperliches Trainingsprogramm die Müdigkeit verringern und das Allgemeinbefinden der Patientinnen bessern. Nicht selten leiden Betroffene nach einer Chemotherapie unter sogenannter Polyneuropathie. Auch hier hat sich die Bewegungstherapie bewährt. Insbesondere Balanceübungen, sensomotorisches Training, Koordinations-, Vibrations- sowie Feinmotoriktraining versprechen Linderung der Symptomatik.
„Wir wissen heute, dass bei Zunahme von Fettmasse sich das Risiko für ein postmenopausales Mammakarzinom und andere Krebserkrankungen erhöht“, erklärt Baumann. „Umso wichtiger ist es, dass wir übergewichtige Brustkrebspatientinnen dabei unterstützen, ein gesundes Körpergewicht zu erreichen und zu halten. Neben der Ernährung spielt dabei die körperliche Aktivität eine außerordentlich wichtige Rolle.“
Patientinnen zu mehr Bewegung motivieren
Nachdem die Wichtigkeit der körperlichen Bewegung bei Brustkrebs jetzt in den Leitlinien verankert ist, gilt es für die Umsetzung der Ziele zu sorgen. Dazu braucht es Programme, die von den Patientinnen akzeptiert werden. „Wir haben nämlich die Erfahrung gemacht, dass Brustkrebspatientinnen nach der medizinischen Behandlung zur körperlichen Inaktivität neigen“, führt Baumann aus. „Will man das ändern, liegt unserer Erkenntnis nach der Erfolgsschlüssel in der Individualisierung des Programms. Patientinnen, die an einem individuell auf sie zugeschnittenen Trainingsprogramm teilnehmen, steigern ihr körperliches Aktivitätsniveau nämlich nachhaltig“, berichtet Baumann von eigenen Studienergebnissen.
Fortbildung: Onkologische Trainings- und Bewegungstherapie OTT
„Um entsprechende Trainingsprogramme flächendeckend und vor allen Dingen qualitätsgesichert anzubieten, müssen Sport- und Bewegungstherapeuten ausgebildet werden. Dies übernimmt der DVGS in seiner Funktion als Bildungsträger. „Wir bieten qualitätsgesicherte Schulungen und Fortbildungen für Sport- und Bewegungstherapeuten im Rahmen der modernen Krebsmedizin an“, erläutert Angelika Baldus, Geschäftsführerin des DVGS. Unser Fortbildungskurs „Onkologische Trainings- und Bewegungstherapie OTT“ für fortgeschrittene Sport- und Bewegungstherapeuten, der durch die AG Baumann im Centrum für Integrierte Onkologie Köln Bonn an der Uniklinik Köln entwickelt wurde, befähigt die Teilnehmer zu einer individuellen, zielorientierten Therapieplanung sowie einer effektiven Bewegungstherapie auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse bei Krebspatienten. Es greift auch die Erkenntnisse von Freerk Baumann zur Individualisierung auf“, fährt sie fort. „Unsere Forderung ist, dass entsprechende Trainingsangebote künftig für alle Krebspatienten bundesweit angeboten und von den Krankenkassen finanziert werden.“
Der Deutsche Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e.V. (DVGS) steht für die Förderung der öffentlichen Gesundheit durch Bewegung. Als Fach- und Berufsverband qualifiziert er Bewegungsfachkräfte und vertritt deren Interessen engagiert in Öffentlichkeit und Gesundheitspolitik. Er fördert Wissenschaft und Forschung und sorgt für die konsequente Umsetzung der Ergebnisse in der Praxis. Dazu konzipiert er qualitätsgesicherte Programme für die Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation und stellt sie Bildungsstätten, Leistungsträgern, Leistungserbringern oder politische Entscheidungsträgern zur Verfügung.
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