Experteninterview:
Frage:
Frau Dr. Tigges-Limmer, das Herz steht für die Liebe und hat anlässlich der bevorstehenden royalen Hochzeit wieder Hochkonjunktur. Hat dieses Organ, das das Blut durch unseren Körper pumpt, tatsächlich etwas mit den Gefühlen zu tun?
Antwort:
Redewendungen wie, „Mir läuft das Herz über“ oder „das geht mir zu Herzen“ legen diesen Schluss nahe. Wenn wir starke Gefühle erleben, spüren wir oft unser Herz sehr präsent im Gegensatz zu anderen Organen, die, wenn sie gesund sind, eher still und unauffällig ihre Arbeit verrichten, wie z.B. die Nieren oder die Leber. Das heißt aber nicht, dass unsere Gefühle im Herzen wohnen, Gefühle werden tatsächlich im Gehirn verarbeitet.
Frage:
Wie kommt es zu diesem Irrtum?
Antwort:
Das Herz ist das Organ, das wir am meisten spüren. Es arbeitet ununterbrochen. Sein regelmäßiges Schlagen gibt uns Sicherheit und Halt. Verändert sich etwas an dem Rhythmus, so können wir feststellen, dass etwas mit uns passiert.
Frage:
Können Sie uns ein Beispiel geben?
Antwort:
Werden Sie erschreckt, bekommen Sie Angst. Sofort fängt Ihr Herz schneller an zu schlagen. Sie spüren das heftigere Pochen in ihrer Brust oder am Hals und schon ordnen Sie die Angst dem Herzen zu. Ähnliches ist es auch mit anderen starken Gefühlen, wie zum Beispiel dem Verliebtsein. Elektrische Impulse und Hormonausschüttungen sorgen dafür, dass unser Herz schneller schlägt und wir stellen fest: mein Herz flattert, ich bin verliebt. Das Herz ist ein Organ, das uns etwas über die Stärke unserer Gefühle verrät. Es ist aber nicht Sitz der Gefühle.
Frage:
Wir führen sozusagen über das Herzen einen Dialog mit unserer Gefühlswelt?
Antwort:
Im Grunde ja. Wobei Sie die Sprache des Herzens als symbolisch für wichtige Lebensthemen nehmen können. Wem „etwas das Herz abdrückt, oder etwas das Herz schwer macht“ könnte tatsächlich an depressiven Symptomen leiden. Wir wissen, dass Einsamkeit herzkrank machen kann. Singles haben ein vierfach erhöhtes Risiko, einen plötzlichen Herztod zu erleiden. Von daher ist eine Hochzeit zumindest schon mal ein guter Anfang.
Frage:
Was wird während der königlichen Traumhochzeit geschehen? Werden den Zuschauern die Zeremonie und die Liebe des Brautpaares zu Herzen gehen?
Antwort:
Das hängt natürlich sehr vom einzelnen Zuschauer ab. Hier spielen ganz viele Dinge aus der eigenen Biographie eine Rolle. Habe ich selber eine Beziehung? Wünsche ich mir noch die große Liebe? Habe ich vielleicht eine gescheiterte Ehe hinter mir? Wie viel Romantik erlebe ich in meinem Alltag?
Aber ich vermute schon, dass sich bei einigen Zuschauern der Herzschlag beim Ja-Wort erhöhen wird und auch dass sich die Herzkranzgefäße, die den Herzmuskel mit Blut versorgen, weiten. Heiraten ist, bei allem Glück, übrigens auch ein stressvolles Lebensereignis. Da wünsche ich doch dem königlichen Brautpaar, dass es diesen Tag nicht zwanghaft als Schönsten ihres Lebens betrachten muss, sondern hoffentlich noch viele privatere und entspannte Tage genießen wird.
Frau Dr. Tigges-Limmer, wir danken ihnen für dieses Gespräch
Zu Frau Dr. Tigges-Limmer:
Dr. Katharina Tigges Limmer ist Psychologin am Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen. In der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie behandelt sie unter der Leitung von Prof. Dr. Jan Gummert schwer herzkranke Menschen. Manche ihrer Patienten leben mit einem Herzunterstützungssystem, andere haben ein komplettes Kunstherz, wieder andere müssen sich auf eine Herztransplantation vorbereiten oder die Transplantation nach der Operation verarbeiten. Immer wieder muss sich die Psychologin mit dem Thema befassen, ob das Herz etwas mit den menschlichen Gefühlen zu tun hat.
Das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen ist seit über 25 Jahren eine der international führenden Einrichtungen im Bereich Herz-, Kreislauf- und Diabeteserkrankungen. Weit über 100.000 erfolgreich durchgeführte herzchirurgische Operationen dokumentieren die große Erfahrung des Herz- und Diabeteszentrums Nordrhein-Westfalen.
Mehr als 1.800 Mitarbeiter setzen sich mit ganzem Herzen und vollem Engagement für die jährlich über 37.000 Patienten ein. Als Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum steht das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen seit 25 Jahren für medizinische Spitzenleistungen, Hochleistungsmedizin und -technologie.
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