In Recruiting-Interviews den Cultural Fit prüfen
Der Cultural Fit wird in Interviews viel zu selten systematisch und viel zu wenig sorgfältig geprüft. Dabei verursachen neue Mitarbeiter, welche nicht zur Unternehmenskultur passen, von Beginn weg zahlreiche Probleme und Kosten. Friktionen schon während der Einführungszeit. Sich beidseitig schnell einstellende Frustrationen, belastende Teamkonflikte und hoher Führungsaufwand sind nur einige der für alle Beteiligten unangenehmen Folgen. Die folgenden Interviewfragen helfen Ihnen, den Cultural Fit stärker und gezielter einzubeziehen und zu beachten.
Achten Sie dabei besonders auf Antworten nach bestimmten Situationen wie Erlebtem und auf Emotionen, auf frühere Erfahrungen, auf die Art der Beispiele, welche Kandidaten nennen, welche Prioritäten sie dabei setzen und vor allem wie diese mit ihrer Unternehmenskultur korrespondieren. Dann wie man damit umging (Aktion) und anschliessend, wie sich dies auswirkte, was das Ergebnis war (Resultat). Fragen Sie häufig nach, verlangen Sie Beispiele und lassen Sie sich Wichtiges konkretisieren oder stellen Sie zuweilen auch Reflexikonsfragen wie „Was lernten Sie daraus, was löste dies bei Ihnen aus?“
Was macht Ihrer Meinung nach gute Teamarbeit aus und welches sind Ihre Erfahrungen?
Teamarbeit nimmt bei den meisten Stellen einen wichtigen Platz ein. Mit dieser Frage bringt man in Erfahrung, ob die Grundeinstellung zur Teamarbeit positiv ist und ob und welche Erfahrungen man damit gemacht hat. Achten Sie bei den Erfahrungen auf die Übereinstimmung und Relevanz mit Ihrer Unternehmenskultur und auch den Anforderungen der von Ihnen ausgeschriebenen Stelle.
Was meinen Sie, ermöglicht wirklich gute Leistungen?
Eine indirekte Frage zur Motivation, einfach auf einer objektivierten Ebene. Da diese Antwort aber auch einiges an das Abstraktionsvermögen stellt, sollte sie nur gewandten Kandidaten für gewisse Positionen gestellt werden. Sie können diese Frage auch weniger offen so stellen: „Welches sind Ihrer Meinung nach die Voraussetzungen für überdurchschnittliche Leistungen?“
Was schuldet ein Unternehmen seinen Mitarbeitern?
Dies ist eine unerwartete und ungewöhnliche Frage, aber gerade deshalb kann nicht nur die Antwort, sondern auch das Verhalten bzw. die Reaktion darauf viel verraten. Sie zwingt den Interviewten zum Um- und Querdenken und zu einer kritischen Stellungnahme. Dies zeigt, welche Werte einer Unternehmenskultur ihm wichtig sind und was er, beispielsweise unter Fairness oder Weiterentwicklungsmöglichkeiten, versteht und was ihn letztlich motiviert.
Beschreiben Sie mir doch bitte Ihren idealen Vorgesetzten
Bei der Beschreibung von Idealbildern oder Idealpersonen werden Menschen immer stark ermutigt, sich unbeschwert auszudrücken und „Ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen“. Hier mag es Bereiche geben, bei denen Sie gewisse Informationen (Charakter, Persönlichkeit, Anerkennungs-Erwartung, Sensibilität, Freiraum-Erwartung usw.) mit einer Folgefrage vertiefen möchten, um noch mehr zur Passung mit Ihrer Unternehmenskultur herauszufinden.
Was ist für Sie ein gutes Arbeitsklima, in dem Sie sich wohl fühlen?
Ist es das menschliche Umfeld, das Team und der Vorgesetzte? Oder sind andere Kriterien wichtig, wie Innovationsgeist oder eine den Mitarbeiter achtende und fördernde Unternehmenskultur? Hier gilt es natürlich auch, die genannten Cultural-Fit-Kriterien mit denen des Arbeitsklimas Ihres Unternehmens zu vergleichen und Übereinstimmungen zu beachten. Haken Sie bei den bei ihrer Kultur wichtigen Faktoren nach. Flüchtet jemand allzu sehr in generelle nichtssagende Bezeichnungen, sollte man hier nachfragen und nachhaken.
Welche positiven und negativen Gegebenheiten spielten bei Ihrer letzten Stelle eine wichtige Rolle?
Die zu konkreterer Antwort führende Frage, was gefallen hat und was nicht. Achten Sie darauf, ob dies die für Ihre Unternehmenskultur relevanten Faktoren sind und wie das Verhältnis von positiven und negativen Gegebenheiten ist. Sind es nur Frustration und Vorwürfe, die zur Sprache kommen oder auch positive Ereignisse – dies sagt viel über die positive oder negative Grundhaltung eines Kandidaten aus. Wer zum Beispiel nur aus Ärger und Enttäuschung, also ohne konstruktive Ziele wie ein berufliches Weiterkommen den vorherigen Arbeitgeber verlässt, ist wohl kaum der ideale Kandidat.
Mit welcher Art von Menschen arbeiten Sie gerne zusammen?
Indirekt zeigt sich hier die Erwartung an Teamkolleginnen und – kollegen, ein Arbeitsklima, das Naturell des Bewerbers und seine Toleranzbandbreite. Eventuelle Beispiele aus der praktischen Erfahrung sind von besonderem Interesse. Nach einem Erlebnis nachgefragt, bzw. mit einem solchen zusammen gewinnt die Aussage an Glaubwürdigkeit und wird auch konkreter. Dabei ist die Art und Weise (wie Wortwahl, Prioritäten, eingebundene Menschen, Aufgaben usw.) interessant und aufschlussreich.
Wir legen grossen Wert auf Mitarbeiterförderung. Wie wichtig ist das für Sie?
Die Antwort ist hier klar, dass dies für den Kandidaten ebenso wichtig ist. Deshalb nachfragen nach Erlebnissen, Gesagtes konkretisieren lassen, ein zwei Beispiele mehr erfragen, fragen, wo der Kandidat dies angewendet hat und welches seine Erfahrungen waren. Dann findet man schnell heraus, wie authentisch und ehrlich seine wirkliche Haltung ist. Bedenken Sie, dass ein Verhalten in der Vergangenheit zukünftiges Verhalten am besten voraussagt. Anstelle von Mitarbeiterförderung sollten Sie natürlich das für Ihre Unternehmenskultur besonders spezifisch wichtige Merkmal, bzw. Charakteristikum nennen, bzw. jenes das bei der ausgeschriebenen Stelle von besonderer Relevanz ist.
Was zeichnet ein Team aus, in dem Sie sich wohlfühlen?
Ist es ein „Dream-Team“, sind es realistische Ansprüche und Erwartungen, die zur Persönlichkeit des Kandidaten passen oder ist es gar eine Antwort, die Ihre Interviewinformationen, das Umfeld und das Stellenprofil schon miteinbezieht? Achten Sie natürlich ganz besonders auf die Kongruenzen mit Ihrem bestehenden Team und Ihrer Unternehmenskultur, in welches der Kandidat bei einer Anstellung käme.
Welche Grundwerte und Prinzipien sind Ihnen bei Beruf und Arbeit besonders wichtig?
Dies könnten Erfolg, Leistung, Genauigkeit, Loyalität, Kundenorientierung, Lernbereitschaft und mehr sein. Interessant ist hier, welche Werte dies sind, ob der Kandidat überhaupt solche nennen kann, welches Berufs- und Menschenbild dahinter steckt und wie kompatibel es mit Ihrer Unternehmenskultur ist.
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Arthur Schneider:
Mit den besten Interviewfragen die besten Mitarbeiter gewinnen
Erschienen im PRAXIUM-Verlag, Zürich
Auf CD-ROM Fragebögen und alle Interviewfragen
ISBN 978-3952271278
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