Unter dem vielversprechendem Titel „Neuromarketing“ versuchen interdisziplinäre Forschungsteams aus Neurologen, Radiologen, Psychologen und Marketingwissenschaftlern seit ungefähr einem Jahrzehnt der Frage nachzugehen, wie Marken im Gehirn wirken. Eine rasant wachsende Zahl an Veröffentlichungen, Kongressen und angeblich einsatzfähigen Marketingtools steigern die Aufmerksamkeit der Fachpresse und Marketeers ins Unermessliche. Neuromarketing weckt Hoffnungen!
Während die Medien nicht müde werden, über mögliche Erfolge des neuen Forschungsgebiets zu spekulieren und Datenschützer aus Angst vor dem „gläsernen Konsumenten“ diesen Forschungszweig mit Argwohn kritisch beobachten, wird immer mehr grundsätzliche Kritik laut (Gröppel-Klein, 2010). So skandieren die Kritiker, dass ein Großteil der empirischen Arbeiten eigentlich nur Erkenntnisse bestätige, die seit geraumer Zeit bekannt seien – wie bspw. der physiologische Beweis, dass sich der Geschmack einer CocaCola, der in Blindtests immer wieder gegen Pepsi verliert, bei Kenntnis der Marke wesentlich verbessert. Und auch zu der Erkenntnis, dass Emotionalität im Kontext der Markenwahrnehmung eine große Rolle spielt, gelangten Werbepsychologen des letzten Jahrhunderts bereits ohne den Einsatz aufwendiger neuropsychologischer Verfahren.
Weiterhin wird kritisiert, dass bisherige empirische Studien meist durch kleine, nicht repräsentative Stichproben charakterisiert sind und einem explorativen Vorgehen folgen. Dies ist durchaus üblich und legitim in den Kindertagen einer neuen Forschungsrichtung, wirft aber natürlich die Frage auf, ob die in einer Laborsituation gefundenen Zusammenhänge auch zu stabilen Vorhersagen über das Verhalten einer breiten Masse taugen (Gröppel-Klein, 2010).
Die populärwissenschaftliche Berichterstattung über das Neuromarketing stellt die modernen bildgebenden Verfahren in den Mittelpunkt, wie bspw. die Methode der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT). Die bunten Bilder suggerieren eine leichte Interpretierbarkeit hoch komplexer neurologischer Prozesse und versprechen Effekte, Emotionen und Wahrnehmungsmuster lokalisieren und „sichtbar“ machen zu können (Kenning/Plassmann/Ahlert, 2007). Tatsächlich beeinflussen aber zahlreiche individuelle, situations- und stimmungsbedingte Faktoren – die völlig unabhängig von der Marke sein können – den Weg zur Kaufentscheidung (Gröppel-Klein, 2010). Auch wenn in den letzten Jahren bei der Erforschung komplexer Wahrnehmungsleistungen beeindruckende Erfolge erzielt wurden und die Neurowissenschaftlicher schon heute die grundlegenden, bei einer Kaufentscheidungen ablaufenden Mechanismen im Gehirn kennen – den gefürchteten „Kaufknopf“ wird es auch mit neuropsychologischen Ansätzen nicht geben (Kenning, 2009).
Die Übertragung neurologischer Erkenntnisse auf das Marketing setzt profunde Fachkenntnisse voraus und ist – zumindest noch aktuell – ein sehr zeit- und kostenintensives Vorgehen. Vor diesem Hintergrund betonen anerkannte Neurowissenschaftler, dass das Potenzial des Neuromarketing nicht voll ausgeschöpft werden kann, solange nicht über den Tellerrand der bildgebenden Verfahren hinaus geschaut wird und die Erkenntnisse von Neuroökonomie, Psychophysik und Computational Neuroscience verknüpft werden (Kenning, 2007, Häusel, 2009). Vor allem Deutschlands renommiertester Neuroökonom Prof. Dr. Peter Kenning (Zeppelin Universität) setzt sich immer wieder für eine realistische Einschätzung des Neuromarketing ein und verwehrt sich entsprechend einer allzu hysterischen Berichterstattung. Über die zahlreichen Agenturen und Beratungen, die angeblich aus neurowissenschaftlichen Forschungsergebnissen Tools zur Markenpositionierung und Kundensegmentierung entwickeln, urteilt Kenning: „Ich habe bis heute kein theoretisch überzeugendes Modell gesehen. Meistens handelt es sich um Heuristiken, die mehr oder weniger wissenschaftlich fundiert sind“. Kenning betont, dass es sich bei den kognitiven Repräsentationen bestimmter Begriffe (wie z.B. Balance, Dominanz, Stimulanz) oder angeblich global vertretene Wertestrukturen um teilweise fiktive Konstrukte handelt, die nicht geeignet sind, um neurologisch exakte Markenpositionierungen durchzuführen.
Fazit: Noch ist eine theoretisch und empirisch fundierte Ableitung konkreter, praxisrelevanter Strategien für die Markenführung nicht möglich. Der Anwendungsbereich neurowissenschaftlicher Methoden im Marketing ist bislang auf das Testen von Markenkommunikation fokussiert – ein aufwendiges Vorgehen, das zumindest in naher Zukunft lediglich für eine beschränkte Anzahl Werbetreibender realisierbar sein wird.
GMK Markenstandpunkte – Autoren: Dr. Saskia Diehl und Hans Meier-Kortwig, GMK Markenberatung
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Die GMK Markenberatung wurde im Dezember 2006 von Ingo Gebhardt und Hans
Meier-Kortwig gegründet. Mit den Standorten Köln und München bietet das
Unternehmen auf seine Kunden zugeschnittene Lösungen zur Strategie, Kreation und Implementierung von Marken. Als strategischer Partner begleitet die GMK Markenberatung Unternehmen von der Analyse und Positionierung über die Definition einer schlüssigen Markenerlebniskette bis zur Implementierung der Marke an allen Kundenkontaktpunkten. Dabei liegt der Fokus auf der effizienten Schaffung von Markenwert. Zu den Kunden der GMK Markenberatung zählen namhafte
Unternehmen wie BMW, BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, Kaldewei, Merck,
MINI, Rolls-Royce Motor Cars, PostFinance, Vaillant und der WDR.
Über GMK Markenberatung
Die beiden Gründer verfügen über langjährige Markenberatungserfahrung. So war Ingo Gebhardt zuletzt bei Interbrand Zintzmeyer & Lux als Managing Director für
den Standort München verantwortlich, Hans Meier-Kortwig leitete bis 2006 den
Bereich Brand Management Consulting bei der Wiesbadener Unternehmensberatung
Marketing Partner.
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Torsten Lorenz
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