In der Gegenwart angekommen: Neues Glücksspielgesetz in Schleswig-Holstein

Oppositionsführer ergeht sich in Plattitüden

Kiel, September 2011 – Der Weg war lang und mühsam. Und bis kurz vor Beginn der entscheidenden Landtagssitzung hatte man letzte Ergänzungen eingearbeitet, um mit Mehrheit der Regierungsfraktionen von CDU und FDP im Kieler Landeshaus das neue Glücksspielgesetz und die Abkehr vom Staatsmonopol auf den Weg zu bringen. Die Kernpunkte: Private Anbieter von Sportwetten sowie Online-Poker und Casino-Spielen können sich ab 2012 in Schleswig-Holstein niederlassen und eine fünf Jahre gültige Lizenz erwerben, sie zahlen eine Abgabe von 20 Prozent ihres Ertrags, sind dem Spielerschutz und der Suchtprävention verpflichtet. Diesen bisher unregulierten Markt bringt Kiel nun unter staatliche Kontrolle und rechnet mit Einnahmen von bis zu 60 Millionen Euro jährlich.

Die Tür bleibt offen

,,Wir sind das erste Land, das die Realität des Internet anerkennt und daraus die richtigen Schlüsse zieht“, erklärte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Hans-Jörn Arp dazu im Landtag. Erstmals werde beispielsweise für den Sportwettenmarkt ein angemessener Spielerschutz und eine vernünftige Suchprävention möglich. Gleichzeitig würden zusätzliche Einnahmen generiert, die dem Breitensport zugute kämen. Der Profisport profitiere durch Sponsoring, für die Medien lockten Werbeetats, zusätzliche Arbeitsplätze würden geschaffen. Der wachsende Markt für Online-Poker werde aus der Illegalität geholt, die fatale Situation der Casinos mit dramatischen Einbußen und Mitarbeitern ohne Tarifbindung verbessert. Dass Schleswig-Holstein mit dem neuen Glücksspielgesetz aus dem Deutschen Lotto- und Totoblock ausgeschlossen werden könne, verwies er ins Reich der Fabel. Zudem, so CDU-Mann Werner Kalinka, wird das Land auch ein neues Spielhallengesetz bekommen. Schließlich bleibe die Tür für eine bundesweite Lösung bis zum vollständigen Inkrafttreten des Gesetzes zum März 2012 weiter offen – was bereits goutiert wird: Unter anderem lobte Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) die Entscheidung, so die Bild-Zeitung
http://www.bild.de/regional/hannover/hannover-regional/bode-lobt-kieler-gluecksspielalleingang-19954620.bild.html. Auch die FDP in Hamburg http://www.katjasuding.de/Aktuelles erklärte das Modell Schleswig-Holsteins zum Vorbild für weitere Beratungen.

Nach den Worten von FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki hat Schleswig-Holstein Geschichte geschrieben und eine Regelung gefunden, „die auch europarechtlich nicht zu beanstanden ist. Dabei handelt es sich allerdings um keine Liberalisierung, sondern um eine Regulierung des Marktes, der bislang ohne staatliche Aufsicht und Kontrolle, ohne staatliche Einnahmen, ohne Suchtbekämpfung existiert.“ Der Gesetzesentwurf sei bereits von der EU-Kommission notifiziert. „Von dem Entwurf der anderen Länder wissen wir, dass er rechtswidrig ist.“ Und nicht nur das, wie Swen Wacker auf landesblog.de erläutert: „Der Entwurf der anderen 15 Länder ist der erkennbar hilflose Versuch, das staatliche Lotto und Toto-Spiel vor seinem weiteren Untergang zu retten, indem man verbietet, was nicht sein darf. Solche Vogel-Strauß-Mentalität ignoriert die Realität von zigmillionen Deutschen, die online pokern oder Sportwetten abschließen, ist schlicht (und) unpolitisch.“

Stegner: Plattheiten statt Programm

Forderungen, Schleswig-Holstein möge sich dem Kurs der anderen
Länder und dem so genannten E-15-Modell anschließen, sind für Kubicki („Ich wehre mich, an rechtswidrigen Gesetzen mitzuwirken.“) absurd, so der Liberale mit Blick auf die Forderungen aus den Reihen der Opposition, die sich insbesondere in Person des SPD-Fraktionsvorsitzenden Ralf Stegner alles andere als argumentativ, sondern vorwiegend mit parteipolitischen Plattitüden dem Thema stellte. Sollte es noch eines Beleges bedurft haben, warum die SPD-Mitglieder zwischen Nord- und Ostsee ihren Landeschef Stegner offensichtlich für nicht staatskanzleitauglich halten und ihm die Nominierung zum Spitzenkandidaten für die nächste Landtagswahl verweigerten, so lieferte er selbst diesen mit einer Aufreihung von Schärfen und Plumpheiten. Schleswig-Holstein werde „zum Gespött der ganzen Republik“. Von „gesellschaftspoltischem Wahnsinn“ und „politischem Totalschaden für das Land“ war da die Rede, von „Gernegroß-Attitüden“ gegenüber den anderen Bundesländern, von Verantwortungslosigkeit, von einem finanziellen Vabanquespiel, vom Andienen an die Glücksspiel-Lobby. So sei bei der Erarbeitung des Gesetzestextes durch CDU und FDP die Hand von Glücksspiel-Lobbyisten geführt worden. Für die Grünen charakterisierte Monika Heinold, die zuletzt ebenfalls das Zustandekommen des E-15-Modells scharf kritisiert hatte und die Notwendigkeit einer Neuordnung unterstrich, das neue Gesetz und seine Entstehung als „dilettantisches Vorgehen“ der Regierungsfraktionen und sah die „Aufkündigung der föderalen Solidarität“. Nach einer Regierungsübernahme an der Förde im Jahr 2012, werde die SPD das Gesetz rückgängig machen, so Stegner, der einmal mehr inhaltliche Alternativen vermissen ließ. Weder machte er deutlich, wie der von den übrigen 15 Bundesländern vorgelegte und von Brüssel bereits abgelehnte Vorschlag eines Glücksspielstaatsvertrages europarechtskonform ausgestaltet werden kann, noch legte er dar, wie die SPD das neue Gesetz Schleswig-Holsteins zu optimieren gedenke. Gleichwohl hätte man ihm diese Mühe ohnehin kaum abgenommen, hatte er doch schon vor Wochen vehement Totalopposition beim neuen Glücksspielgesetz ausgerufen und per Resolution die Erhaltung des bisherigen – und rechtswidrigen – Vertrages gefordert.

Branchenkenner sehen in der Kieler Entscheidung einen epochalen Neubeginn, der der Entwicklung bei den europäischen Nachbarn entspricht. Als „eines der modernsten Glücksspielgesetze Europas, das sowohl dem Wettbewerbsgedanken wie dem Spielerschutz in hohem Maß Rechnung trägt und vor allem die Realitäten und Spielgewohnheiten der Online-Welt berücksichtigt“, bewertet etwa Dr. Wulf Hambach, Gründer und Managing Partner der Münchener Kanzlei Hambach & Hambach http://www.timelaw.de, das neue Gesetz. „Es war eine kluge Entscheidung der Regierungsfraktionen, von Anfang an auf das EU-rechtskonforme Dänische Modell zu setzen, um nicht, wie mit dem E-15-Modell geschehen, in das Kreuzfeuer der EU-Kommission zu geraten.“ Führende Anbieter der Branche hätten unmittelbar nach der Entscheidung ihre Absicht bekräftigt, in Schleswig-Holstein Lizenzen zu erwerben. „Wir freuen uns, dass die über vier Millionen Online-Poker-Spieler in Deutschland nun endlich einen sicheren Hafen erhalten. PokerStars wird hier eine Lizenz beantragen, so wie zuvor in Italien und Frankreich. Spielerschutz, Arbeitsplätze und Kanalisierung sind mit dem Kieler Modell sehr gut zu realisieren“, so PokerStars-Manager Sven Stiel. Auf eine Signalwirkung für die übrigen Bundesländer setzen u. a. der Deutsche Buchmacherverband (DBV) und der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), ebenso wie JAXX SE Vorstandssprecher Mathias Dahms: „Die anderen 15 Bundesländer wären gut beraten, sich dem Modell von Schleswig-Holstein anzuschließen. Jetzt werden zunächst nur in Schleswig-Holstein neue Einnahmen für den Landeshaushalt generiert.“ (Andreas Schultheis)
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