Dort, wo damals das Wasser der Elbe alles dem Erdboden gleichmachte, entsteht der „Wilhelmsburger Inselpark“ – als Zeichen des zügigen Wandels des ehemaligen Problembezirks. Neben zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen, die sich mit der Vergangenheit befassen, geht es Garbaden und auch anderen Initiatoren wie der „Geschichtswerkstatt e.V.“ oder dem „Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg“ um eine Fokussierung gegenwärtiger Entwicklungen und die Mitgestaltung der Zukunft im Sinne aller Bürger.
„Im Strom“ – ein Abriss der Zeit
Vor fünfzig Jahren, im Februar 1962, rückte Wilhelmsburg schon einmal ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Gelegen auf einer Elbinsel, war der Stadtteil am stärksten von der Flutkatastrophe betroffen, die damals die deutsche Nordseeküste heimsuchte und zahlreiche Opfer forderte. Hans Garbaden widmet sich in seinen neuen Roman nicht nur den tragischen Ereignissen von einst, sondern macht sie zum Ausgangspunkt seiner Geschichte von zwei Männern, die allen Veränderungen zum Trotz ihrem Stadtteil treu geblieben sind.
Es beginnt wie eine typische Nachkriegserzählung. Im Sommer 1960 lernen die Freunde Heinz und Michael Renate kennen und buhlen von nun an um deren Gunst. Als Dreiergespann verbringen sie eine tolle Zeit: auf Rädern erkunden sie die Gegend vom Süderelbstrand, treffen sich in der Eisdiele oder feiern auf dem Tanzboden.
Die unbeschwerten Tage finden im Februar 1962 ein jähes Ende, als die Wassermassen über die Kleingartensiedlung, in der Renate mit ihren Eltern lebt, hereinbrechen. Sie hat den Abend hier gemeinsam mit Heinz und Michael verbracht. Bei dem Versuch, sich auf das Dach der Laube zu retten, wird Renate vom Strom fortgerissen und ertrinkt. Die Freundschaft der beiden jungen Männer zerbricht daraufhin an Vorwürfen und Schuldzuweisungen. Ihre Wege trennen sich, doch ihrem Stadtteil bleiben sie verbunden. Während Heinz sich als Lokaljournalist durchschlägt, steigt Michael zur Milieugröße auf. Was am Süderelbstrand als harmlose Konkurrenz um ein Mädchen begann, endet in einer lebenslangen Feindschaft, die auf dem Boden von Wilhelmsburg ausgetragen wird.
Vor dem Hintergrund der Geschichte der beiden unterschiedlichen Charaktere erzählt Garbaden Historisches und Aktuelles aus der Hansestadt. Sein Lokalreporter Heinz dient ihm dabei als Sprachrohr der Bevölkerung.
Sein Gegenspieler Michael steht nicht nur für den demografischen Wandel – Mietskasernen und günstiger Wohnraum statt Laubenkolonien -, sondern verkörpert später auch das moderne Wilhelmsburg, das mittlerweile auch für Investoren interessant ist, was neue Konflikte mit sich bringt: Die Sorge einer „Gentrifizierung“ wird laut.
Ein Stadtteil macht sich
Selbst knapp zwanzig Jahre nach Kriegsende lebten in den 1960er Jahren zahlreiche Menschen noch behelfsmäßig in Baracken und Kleingartensiedlungen, die den Wassermassen der Elbe wenig entgegenzusetzen hatten. Auch heute gilt Wilhelmsburg als sozialer Brennpunkt. Doch die Bürger wollen ein anderes, vielfältiges Bild zeigen und sich für ihren Lebensraum stark machen. Viele Projekte werden mittlerweile realisiert. Wo früher Kriminalität den Stadtteil prägte, werden jetzt positive Aspekte der multikulturellen Gesellschaft hervorgehoben.
Wenn Hamburger in diesen Tagen der Katastrophe in zahlreichen Veranstaltungen gedenken, so nutzen die Wilhelmsburger diese Gelegenheit auch, sich mit gegenwärtigen Entwicklungen auseinanderzusetzen und sich Einheimischen und Auswärtigen zu präsentieren. Neben den unzähligen Büchern und Bildbänden, die sich mit Hamburg befassen, hat nun auch dieser besondere Stadtteil einen Roman, in dem sich alles um seine Geschichte dreht. Der Geschichte von Wilhelmsburg hat sich auch die Geschichtswerkstatt in der Honigfabrik verschrieben.
Die Industrieanlage von einst war nicht nur Veranstaltungsort der Premiere, ihr Bild ziert auch das Cover von Garbadens Roman.
Der Autor ist ein norddeutscher Jung
Hans Garbaden ist so norddeutsch wie die Themen seiner Romane. Nach einer Schriftsetzerlehre in Bremen ließ er sich an der Berliner Meisterschule für Grafik, Druck und Werbung ausbilden, arbeitete als Produktioner und Kontakter in internationalen Werbeagenturen und kehrte dann in den Norden zurück. Seit 1997 ist Hans Garbaden Episoden- und Nebendarsteller in Film- und Fernsehproduktionen. Als freier Mitarbeiter beim NDR hat er in bisher über dreihundert Sendungen wie „Aufgepasst, Gefahr!“, „Dennis und Jesko“, „DAS!“ und „Extra 3“ als Darsteller mitgewirkt. Sein erster Worpswede-Krimi „Paulas Töchter“ erschien 2010 im Schardt Verlag, 2011 folgte „Ein Mordsdreh am Jadebusen“.
Kleiner Verlag in Norddeutschland mit Schwerpunkt Städte- und Regiokrimis, ungewöhnliche Reisebücher und Ratgeber, Popliteratur.
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