Forschende der DSMZ untersuchen Namen von Prokaryonten und finden fast keine Verbesserung seit 1947
In der Mikrobiologie können entdeckte Mikroorganismen nach bekannten Persönlichkeiten aus der Wissenschaft benannt werden, um sie zu ehren. Solche Eponyme kommen in der Naturwissenschaft oft vor, zum Beispiel bei den Röntgenstrahlen (nach dem Physiker Wilhelm Conrad Röntgen) oder dem Pasteurisieren (nach dem Mikrobiologen Louis Pasteur).
An der jetzt veröffentlichten Studie „The gender gap in names of prokaryotes honouring persons“ haben Dr. Heike M. Freese und Privatdozent Dr. Markus Göker vom Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH in Zusammenarbeit mit drei anderen Forschenden die Herkunft der Namen von 23.315 Prokaryonten untersucht, wovon 2018 Eponyme Personen ehren. Prokaryonten sind Mikroorganismen ohne Zellkern, die sowohl Bakterien als auch Archaeen umfassen. Die Forschenden erwarteten schon vor Beginn der Untersuchung eine geschlechtsspezifische Diskrepanz. Jedoch sollte zusätzlich erforscht werden, ob sich die Verhältnisse in den letzten Jahrzehnten verbessert haben, da der Frauenanteil in der Mikrobiologie deutlich gestiegen ist.
Beim Vergleich aller geehrten Personen von 1823 bis 2022 zeigt sich ein großer Unterschied zwischen Namen, die einen Mann ehren (84,4 Prozent) und Namen, die eine Frau ehren (14,8 Prozent). Obwohl in den letzten Jahrzehnten wegen methodischer Fortschritte mehr Prokaryonten entdeckt und benannt wurden, waren 1993 und 2015 nur vier Prozent der geehrten Personen Frauen; 1991 waren es null Prozent. Insgesamt hat sich die „gender gap“ seit der ersten Ehrung einer Frau im Jahr 1947 kaum verringert. Die Zahl der Frauen, deren Beiträge zur Mikrobiologie hätten anerkannt werden können, ist aber im Laufe der Zeit deutlich gestiegen. Diese „gender gap“ ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass viele der höchsten und angesehensten Positionen weiterhin in der Hand von Männern sind.
Die Studie ist die erste über die Benennung von Prokaryonten unter geschlechtsspezifischen Aspekten und möchte andere Forschende motivieren, die „gender gap“ nach und nach zu schließen. Die Benennung von Prokaryonten nach weiblichen Personen könnte zumindest die Sichtbarkeit von Frauen erhöhen, die einen Beitrag zur Mikrobiologie oder zu anderen Wissenschaften geleistet haben, und so jungen Frauen helfen, Vorbilder zu finden. Es steht eine ausreichende Zahl hervorragender Wissenschaftlerinnen für die Benennung von Arten zur Auswahl.
Originalpublikation
Freese HM, Giner-Perez L, Oren A, Göker M, Arahal DR. The gender gap in names of prokaryotes honouring persons. Int J Syst Evol Microbiol. 2023 Nov;73(11). doi: 10.1099/ijsem.0.006115.
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