Aktuell liest man es in den Medien: Die Lokführer streiken. Diesmal sind die Privatbahnen, wie die ODEG oder die Märkische Regiobahn, betroffen. Da die Deutsche Bahn sich vermehrt auf die Brandenburgischen Hauptverkehrsadern konzentriert und Strecken auf dem flachen Land stilllegt, steigt die Bedeutung der Privatbahnen für Berufspendler aus dem Speckgürtel.
Wenn Bahnen bestreikt werden, hat der Arbeitnehmer oft kaum eine Chance, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Dies ist aber grundsätzlich seine arbeitsvertragliche Pflicht. Normalerweise berechtigt ein verspätetes Erscheinen des Arbeitnehmers den Arbeitgeber zur Abmahnung, im Wiederholungsfall sogar zur verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitsvertrages. Der Arbeitnehmer muss dafür sorgen, dass er pünktlich zur Arbeit erscheint. Daher ist es immer empfehlenswert, mit einem Zeitpuffer von Zuhause loszugehen.
Was aber, wenn der Arbeitnehmer wegen eines Streiks zu spät kommt? Die Folgen hängen zunächst davon ab, was im Arbeitsvertrag geregelt ist. Ist eine feste Arbeitszeit vereinbart, wäre ein verspätetes erscheinen – selbst aus Gründen, für die der Arbeitnehmer nichts kann – ein arbeitsvertragliches Fehlverhalten und somit gefährlich für den Bestand des Arbeitsverhältnisses.
Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer mit den streikbedingten Verspätungen rechnen musste und ausreichende Vorkehrungen getroffen hat, um trotz der zu erwartenden Verspätungen rechtzeitig am Arbeitsort einzutreffen.
Selbst wenn der Arbeitnehmer nicht so sorgfältig und vorausschauend war: Eine Kündigung braucht der Arbeitnehmer zunächst nicht zu befürchten. Allenfalls eine Abmahnung kann ihm deshalb ausgesprochen werden.
Kritisch wird es jedoch, wenn der Arbeitnehmer generell ein Problem mit der Pünktlichkeit hat und bereits mehrmals deswegen abgemahnt wurde. So kann eine Verspätung wegen des Streiks zum Tropfen werden, der das Fass zum Überlaufen bringt. Eine auf diese Verspätung gestützte Kündigung wäre dann unter Umständen sogar wirksam.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer: Wenn Sie generell ein pünktlicher und zuverlässiger Mitarbeiter sind, kann Ihnen eine streikbedingte Verspätung nicht gefährlich werden. Wenn Sie – was unwahrscheinlich ist – hierfür eine Abmahnung kassieren sollten, kann ihnen diese höchstens bei zukünftig häufiger vorkommenden Verspätungen auf die Füße fallen. Wenn Sie bereits eine oder mehrere Abmahnungen wegen Zuspätkommens erhalten haben, empfehle ich dringend, die Tagespresse aufmerksam zu lesen und so frühzeitig wie möglich das Haus zu verlassen.
Fachanwaltstipp Arbeitgeber: Einen notorisch unpünktlichen Arbeitnehmer können Sie wegen eines streikbedingten Zuspätkommens unter Umständen sogar kündigen. Wichtig ist, dass eine (besser mehrere) vorherige Abmahnung(en) wirksam formuliert wurde. Falls ein ansonsten pünktlicher und zuverlässiger Mitarbeiter wegen eines Streiks unpünktlich ist, sollten Sie bedenken, dass eine gute Arbeitsbeziehung durch eine Abmahnung möglicherweise unnötig belastet wird. Der Mitarbeiter wird sich schließlich auch ohne Abmahnung nach dem Streik wieder tadellos verhalten. Arbeitsvertragliches Maßregeln kontraproduktiv, wenn sich der Arbeitnehmer ungerecht behandelt fühlt.
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Alexander Bredereck, Berlin
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