EU-Fischerei: Reform auf dem Trockenen
WWF: Kommissionsvorschlag unzureichend / Jetzt sind EU-Parlament und Mitgliedstaaten gefordert
Hamburg/Brüssel – Der heute von der EU-Kommission vorgelegte Reformvorschlag vollzieht nach Ansicht des WWF nicht den benötigten Kurswechsel für Europas Fischerei. Die Umweltstiftung fordert daher die Mitgliedstaaten und das Parlament der EU auf, ein klares Regelwerk mit verbindlichen Zeitvorgaben aufzustellen, damit eine nachhaltige Fischerei möglich wird. „Diese Reform könnte unsere letzte Chance auf gesunde Fischbestände und eine profitable Fischerei sein“, sagt Karoline Schacht, WWF-Expertin für EU-Fischereipolitik. „Der Kommissionsvorschlag enthält gute Ansätze, überlässt aber zu viel dem Zufall. Wenn die Fischereiminister und das EU-Parlament jetzt nicht den politischen Mut aufbringen, in nachhaltiges Fischereimanagement zu investieren, werden sie die Verantwortung für leere Meere tragen müssen.“
Das Papier legt zwar erstmals fest, Fischbestände nur so stark zu nutzen, dass ihr Überleben auf lange Sicht nicht gefährdet wird. Das geeignete Mittel dafür sollen Langzeitmanagementpläne sein. Der WWF bemängelt jedoch, dass der Entwurf weder Zeitvorgaben macht, noch Verantwortlichkeiten und Umsetzungsrahmen bestimmt. Dem Kommissionspapier fehlt nach Ansicht des WWF auch eine klare Vision zum Abbau der Flottenüberkapazität und es schlägt ein unwirksames Rückwurfverbot vor. Bei den Punkten regionale Mitbestimmung und Europas Verantwortung in internationalen Gewässern bleibt der Entwurf weit hinter den Erwartungen zurück.
Überkapazität der Flotte
Um Überkapazitäten abzubauen schlägt die Kommission vor, Quoten oder Fangkonzessionen handelbar zu machen. Der Reformvorschlag geht aber nicht auf die Besonderheiten unterschiedlicher Fischereien ein und es ist nicht zu erkennen, wie die Konzentration von Fangquoten in den Händen weniger verhindert werden soll. Auch fehlt die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, Konzessionen kurzfristig wieder zu entziehen, falls gültige Schutzziele verfehlt werden. „Europas Fischereien sind so unterschiedlich, dass es keine Pauschallösung gibt“ so Schacht weiter. „Wir glauben, Fischer müssen mehr Teilhabe haben und Verantwortung für ihre Fischbestände übernehmen ? dieses Privileg muss aber an konkrete Schutzziele geknüpft werden.“
Rückwürfe
Der WWF begrüßt grundsätzlich den Versuch der Kommission, die verschwenderische Praxis der Rückwürfe auf See zu beenden. Allerdings ist es aus Sicht des WWF der falsche Weg, wenn Fischer ihren Beifang aus Jungfisch und zu viel gefangenem Fisch kommerziell verwerten dürfen. Das wäre kein Anreiz, zielgenau zu fischen und Beifang zu vermeiden. „Nur gezieltes Fischen zahlt sich am Ende aus, weil es dann keinen unnötigen Verluste für Fischer und Bestände gibt“, so Karoline Schacht weiter. „Selektive Fangmethoden packen das Problem der Fischverschwendung an der Wurzel.“
EU-Flotte außerhalb europäischer Gewässer
Rund 60 Prozent des in der EU verzehrten Fisches kommt nicht aus europäischen Gewässern. Daraus erwächst Europa die Verantwortung, sich in führender Rolle für nachhaltige Fischerei einzusetzen. Der Kommissionsentwurf ignoriert das und legt hierzu weder Ziele noch Maßnahmen fest.
Regionales Fischereimanagement
Das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten müssen jetzt nach Ansicht des WWF die Dezentralisierung der Fischereipolitik sicherstellen. Auf regionaler Ebene müssen Vertreter aus Fangsektor, Politik, Wissenschaft, Industrie und Umweltschutz mehr Mitbestimmung erhalten und die langfristigen Bewirtschaftungspläne in ihren Fischereien gemeinsam umsetzen. Der Reformvorschlag der Kommission enthält keinen Passus zur Mitbestimmung ? auch wenn sie sehr zentral ist für den notwendigen Kurswechsel. Der WWF ist auch enttäuscht darüber, dass der Sektor der kleinen Küstenfischer im Mittelmeer im ganzen Entwurf nicht vorkommt, obwohl in dieser Region 6 von 10 Arbeitsplätzen in Europas Fischerei liegen.
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