Ess-Sucht funktioniert im Gehirn wie Drogen-Sucht

Aus einer kleinen Studie geht hervor, dass Leute, die Essen über alles lieben, eine ähnliche neuronale Aktivität entwickeln, wie solche, die Drogen konsumieren.

In einer Pilotstudie, die mit 48 jungen Frauen durchgeführt wurde und in den erschienen Archives of General Psychiatry ist, konnten Ashley Gearhardt und ihre Mitarbeiter zeigen, dass diejenigen mit einer höheren Ess-Sucht Wertung auch eine grössere neuronale Aktivität in denjenigen Hirnregionen hatten, die mit Belohnung in Zusammenhang stehen, sobald sie sich daran machten, ein Schokoladen-Milchshake zu trinken.

Und wenn sie dann den Milchshake tatsächlich trinken konnten, hatten sie deutlich weniger Aktivität in den hemmenden Hirnregionen, wie aus den funktionalen Magnetresonanz-Bildern (fMRT) hervorging.

Gearhardt meinte dazu, dass das fMRT habe zeigen können, dass suchtähnliches Essverhalten ähnliche neuronal Aktivität hervorbringt, wie Drogengebrauch und Abhängigkeit.
Dieser Befund deckt sich mit früheren Studien, die postuliert haben, dass die Entwicklung von Fettleibigkeit (Adipositas) von einem suchtähnlichen Verhaltensprozess begleitet ist.

Der Zusammenhang besteht über das mesolimbische System, in dem sowohl bei Drogenkonsum als auch beim Essen Dopamin freigesetzt wird. Die Quantität an Dopamin, die durch diese Tätigkeiten freigesetzt wird, korreliert direkt mit dem subjektiven Glücksempfinden, das man durch den Konsum von Drogen oder Essen erfährt.

Als Basis für ihre Untersuchung postulierten die Forscher, dass ein höherer Ess-Sucht Wert (gemessen mit dem Yale Food Addiction Scale) auch mit einer höheren neuronalen Aktivität korrelieren müsste, genau so, wie man das bei Drogenabhängigkeit sieht.

Gearhardt und ihre Kollegen untersuchten 48 junge Frauen mit einem Body Mass Index (BMI) zwischen 24 und 40. Jeder der Frauen wurde mit einem fMRT untersucht. Dabei wurden jeweils Aufnahmen gemacht, bevor die Frauen einen Schokolade Milchshake trinken durften oder eine geschmacklose Flüssigkeit und eine weitere Aufnahme, wenn der Milchshake respektive die geschmacklose Flüssigkeit tatsächlich getrunken wurde.

Insgesamt konnten die Forscher eine deutlich erhöhte neuronale Aktivität in Hirnregionen, die mit Essensmotivation und Drogenkonsum im Zusammenhang stehen, nachweisen, wenn die Frauen wussten, dass sie einen Milchshake trinken dürfen.

Diejenigen Frauen, die einen höheren Ess-Sucht Wert hatten, zeigten auch klar erhöhte Aktivität in anderen Hirnregionen, die mit Vorfreude und Belohnung zu tun haben. Gleichzeitig hatten diese Frauen deutlich weniger Aktivität im lateralen orbitofrontalen Kortex, einer Zone, die einen hemmenden Einfluss ausübt und die Fähigkeit hat, früher gemachte belohnende Aktionen zu unterdrücken.

„Dass wir in einer hemmenden Zone weniger Aktivität sehen, könnte einerseits mit einer verminderten hemmenden Kontrolle während des Konsums von leckerem Essen zusammenhängen oder aber auch die Folge einer verminderten Sättigung während des Essens sein,“ meinte Gearhardt.

Keine signifikante Korrelation konnten die Forscher zwischen dem Ess-Sucht Wert und dem BMI feststellen.
Die Forscher fassten ihre Studie so zusammen, dass sie „die Theorie unterstützt, wonach zwanghaftes Essen teilweise durch eine erhöhte Belohnungsaktivität im Gehirn ausgelöste sein könnte,“ und dass Essen „den selbstauferlegen Wunsch zur Kalorieneinschränkung überspielen könne,“ was schliesslich in einer unkontrollierten Nahrungsaufnahme münden würde.

Die Studie hat einige Einschränkungen, die eine Generalisierung der Resultate vorerst noch nicht erlaubt. So war das Studienkollektiv mit 48 Frauen äusserst klein und Personen mit bekannter Essstörung wurden davon ausgeschlossen. Ausserdem wurde der Hunger nicht objektiviert, was insofern wichtig gewesen wäre, als dass Hunger und Fasten zu ähnlichen neuronalen Mustern im Gehirn führt, die die Messresultate hätten beeinflussen können. Zukünftige Studien sollten diesen Punkten Rechnung tragen.

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