Im Jahr 2002 setzte sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein ehrgeiziges Ziel: Bis 2010 sollte die hochansteckende und gefährliche Masern-Krankheit aus Europa verschwunden sein. Doch die Realität sieht anders aus: 2011 haben sich hierzulande schon über 1.600 Menschen mit dem Virus infiziert, so viele wie seit 2006 nicht mehr. Einer der Gründe: Noch immer vernachlässigen manche Eltern den Impfschutz ihrer Kinder – oder sie entscheiden sich bewusst und aus Überzeugung gegen die Impfung. Dr. Wolfgang Reuter, Gesundheitsexperte bei der DKV Deutsche Krankenversicherung, fasst die wichtigsten Fakten zum Masernvirus zusammen.
Masern werden oft verharmlosend als Kinderkrankheit bezeichnet. Doch auch Erwachsene können sich anstecken und erkranken meistens noch heftiger als junge Betroffene. Obwohl die Krankheit – dank verlässlicher Impfstoffe – heutzutage weit weniger verbreitet ist als früher, kommt es immer wieder zu regionalen Epidemien. Und selbst wer die Viruserkrankung übersteht, kann sich nicht sicher fühlen: Noch Jahre später kann es zu gefährlichen Spätfolgen kommen. So wie etwa momentan bei einem sechsjährigen Mädchen aus Aschaffenburg, das an der Gehirnentzündung SSPE (Subakute sklerosierende Panenzephalitis) leidet. Diese chronische und unheilbare Erkrankung ist auf eine Maserninfektion zurückzuführen, die das Mädchen vor fünf Jahren durchgemacht hatte.
Die Schutzimpfung kann Leben retten
Das Masernvirus wird durch Tröpfcheninfektion übertragen und ist extrem ansteckend. Ein kurzer Kontakt mit einem Infizierten reicht in der Regel schon aus und man erkrankt selbst. Immun sind nur Menschen, die entweder geimpft sind oder schon einmal an Masern erkrankt waren. Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts und andere Experten empfehlen, grundsätzlich alle Kinder mit einer so genannten MMR-Impfung zu schützen. „Kleinkinder erhalten ab einem Alter von elf Monaten die Erstimpfung. Um die Wirksamkeit sicherzustellen, wird der Schutz einige Monate später mit einer zweiten Impfung aufgefrischt und hält dann in der Regel ein Leben lang“, weiß DKV Experte Dr. Wolfgang Reuter. Auch Erwachsene, die nach 1970 geboren und in ihrer Kindheit nicht oder nur einmal geimpft wurden, sollten die in der Regel ungefährliche Schutzimpfung nachholen. Gleiches gilt für Personen, deren Impfstatus unklar ist: Der Hausarzt kann durch eine Blutuntersuchung herausfinden, ob der Organismus geschützt ist. Und auch wenn man Kontakt zu einem Masern-Patienten hat und nicht oder nur unzureichend geimpft ist, kann man oft noch verhindern, dass die Krankheit ausbricht: „Eine zeitnahe Schutzimpfung, am besten innerhalb von drei Tagen, reicht meistens aus, um sich noch gegen das Virus zu immunisieren“, empfiehlt Dr. Wolfgang Reuter.
Masern melden, andere schützen
Wer an Masern erkrankt, sollte unbedingt zu Hause bleiben und das Bett hüten. Nicht nur, weil Ruhe und Erholung helfen, schnell wieder gesund zu werden; sondern auch, um eine Verbreitung des Virus zu verhindern. „Gerade Kinder kommen in Schule und Kindergarten mit vielen anderen in Kontakt. Da immer noch nicht alle Eltern ihre Kleinen impfen lassen, kann ein einzelner Erkrankter schnell eine Masern-Epidemie auslösen“, warnt der DKV Gesundheitsexperte. Laut Infektionsschutzgesetz dürfen Kinder schon beim Verdacht auf Masern keine Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen besuchen, dasselbe gilt für ihre nicht geimpften Geschwister; zudem sind die Eltern verpflichtet, Schule oder Kindergarten über die Erkrankung zu informieren – und das schon beim bloßen Verdacht. „Das Tückische an Masern ist: Sie können bereits ansteckend sein, bevor die ersten Symptome auftreten. Man sollte also lieber zu früh als zu spät alles Mögliche tun, um eine Verbreitung der Krankheit zu verhindern“, rät der DKV Experte.
Entwarnung nur vom Arzt
Wann die Gefahr vorbei ist, muss übrigens ein Mediziner beurteilen: Nur mit einem ärztlichen Attest, das das Ende der Krankheit bescheinigt, darf der Nachwuchs wieder in Schule oder Kindergarten. Die beste Medizin gegen Masern bleibt jedoch nach wie vor die Schutzimpfung im Kindesalter. Sind mindestens 95 Prozent der Bevölkerung geimpft, könnte das Virus ausgerottet werden. Dieses bisher verfehlte Ziel hat sich die Weltgesundheitsorganisation nun für das Jahr 2015 gesetzt.
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