(Stuttgart) – Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young erläuterte am Dienstag in den Räumen der Börse Stuttgart den aktuellen Deutschen Biotechnologie-Report 2011 „Weichen stellen“. Eingeladen hatten die BioRegio STERN Management GmbH und die LBBW Venture Capital GmbH. Zwar hatte Ernst & Young die Zahlen der jährlichen Branchenerhebung bereits am 4. April veröffentlicht, aber viele Unternehmer und Investoren aus der Region nutzten die Chance, Details und Analysen aus erster Hand zu erfahren.
Der jährliche Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young liefert nicht nur Zahlen und Fakten, sondern analysiert auch aktuelle und künftige Entwicklungen der Biotechnologiebranche. Dr. Siegfried Bialojan, Executive Director und Head European Life Science Center der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aus Mannheim präsentierte und erläuterte den Deutschen Biotechnologie-Report 2011 „Weichen stellen“. In ihren Grußworten waren sich die Gastgeber Dr. Klaus Eichenberg, Geschäftsführer der BioRegio STERN Management GmbH, und Manfred Peter, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Team Life Science der LBBW Venture Capital GmbH, Stuttgart, einig: Die Börse, als Ort der Präsentation dieses Reports, sollte als gutes Zeichen für die Zukunft der Branche verstanden werden.
Dr. Bialojan wollte diesen Optimismus nicht uneingeschränkt stützen – immerhin gab es seit 2006 in Deutschland keinen Börsengang eines Biotech-Unternehmens mehr. In ganz Europa bewältigten im vergangenen Jahr nur zehn Unternehmen den IPO (Initial Public Offering). Dennoch sah auch Dr. Bialojan deutliche Anzeichen einer Erholung nach der weltweiten Wirtschaftskrise. So stiegen die Umsätze der privaten deutschen Biotech-Unternehmen um zehn Prozent, bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie bei den Beschäftigtenzahlen legten sie um jeweils vier Prozent zu. Die Menge der Unternehmensgründungen und Firmen, die durch Aufkauf oder Insolvenz aus der Statistik herausfielen, hielten sich die Waage. Wieder einfacher wurde es, an Finanzierungen zu kommen, wobei die Gelder hierzulande weniger von institutionellen Investoren als von „Family Offices“ und privaten Investoren wie Dietmar Hopp kommen. Auffällig – und positiv – ist, dass deutsche Biotech-Unternehmen im weltweiten Vergleich überdurchschnittlich oft durch eigene Umsätze „innenfinanziert“ sind.
So wie die biosyn Arzneimittel GmbH aus Fellbach, deren Geschäftsmodell der geschäftsführenden Gesellschafter Dr. Thomas Stiefel erläuterte. Als das 27 Jahre alte Unternehmen seine biotechnologische Forschung begann, dachte man noch nicht an Venture Capital. „Wir wurden von der Bank gleich nach dem Grundstück der Großmutter gefragt, das beliehen werden konnte“, erzählte Dr. Stiefel. Sein Unternehmen hat es sich zum Ziel gesetzt, aus der Hämolymphe (Leibeshöhlenflüssigkeit) der kalifornischen Meeresschnecke einen Wirkstoff zu gewinnen, der ein hohes therapeutisches Potenzial beispielweise zur Behandlung von Blasenkrebs besitzt. Ihre biotechnologische Forschung und Entwicklung finanziert biosyn durch den Pharmaumsatz: Das Unternehmen ist weltweiter Marktführer für hoch dosierte Selen-Injektionslösungen in der Intensivmedizin.
„Erfolgreiche Allianzen nehmen in Deutschland wieder zu und tragen wesentlich zur Finanzierung bei“, erklärte Dr. Bialojan. Besonderes Merkmal solcher Allianzen bzw. von Deals zwischen Pharma- und Biotech-Unternehmen: Vielfach basieren sie auf Technologieplattformen, die häufig bereits im Prototypenstadium für große Partner interessant werden.
Ein solcher Kandidat könnte die Tübinger Biametrics GmbH sein, deren Gründer und Geschäftsführer Dr. Günther Proll seine Idee erläuterte: „Am Ende steht für uns das Lizenzmodell, wir kümmern uns um die Assayentwicklung und die Produktspezifikation, die Zulassung übernimmt der Kunde.“ Biametrics entwickelt Technologieplattformen für die Pharmazie und die Life-Sciences-Branche und wird unter anderem durch den High-Tech Gründerfonds finanziert.
„Der High-Tech Gründerfonds gehört zu den wichtigen „Geldquellen‘ in Deutschland, ebenso wie die vielen regionalen und lokalen Investoren und vor allem die Family Offices“, erklärte Dr. Bialojan. „Klassische Venture Capital Investoren sind weiter auf dem Rückzug: Insgesamt wird das Investorenbild bunter“, so die Bilanz des Ernst & Young-Reports.
Der Deutsche Biotechnologie-Report 2011 „Weichen stellen“ kann hier als PDF herunter geladen werden:ech
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