Dr. Lars Pracejus, Diplom- Psychologe und Hypnotherapeut aus Gießen in Hessen
„Könnte der kleine Knoten Krebs sein? Weisen meine Bauchschmerzen auf ein unbehandeltes Magengeschwür hin? Sind meine immer wiederkehrenden Kopfschmerzen ein Anzeichen für einen Hirntumor?“ All diese Fragen gehen durch die Köpfe von Betroffenen und schränken die Lebensqualität von Hypochondern ein.
Was genau Hypochondrie ist und ob man Parallelen zu Neurosen oder Phobien ziehen kann, erfahren wir im anschließenden Expertengespräch mit Dr. Lars Pracejus, Diplom- Psychologe und Hypnotherapeut aus Gießen in Hessen. KHN befragt den Experten zu Hypochondrie im Allgemeinen und zieht Vergleiche zu Neurosen und Phobien.
KnowHowNow
Herr Dr. Lars Pracejus, der Mensch als erkrankter „Hypochonder“ wird von der Gesellschaft des Öfteren belächelt. Doch was genau verbirgt sich hinter Hypochondrie? Was genau stellt sie im psychologischem Sinne dar?
Dr. Lars Pracejus
Hypochondrie ist eine Form der Angsterkrankung, bei der die Betroffenen befürchten unter einer organischen Erkrankung zu leiden, obwohl kein organischer Befund vorliegt.
KnowHowNow
Im zuvorigen Expertengespräch mit KHN sprachen Sie über Ängste und Phobien. Ist Hypochondrie eine Art Angst, welche mit einer Neurose oder Phobie zu vergleichen ist?
Dr. Lars Pracejus
Im ICD 10, also dem Diagnosekatalog der psychischen Störungen, wird Hypochondrie unter der Überschrift „Somatoforme Störungen“ geführt. Der Betroffene erlebt aber überwiegend die Angstsymptomatik und die wiederkehrenden Gedanken. Die Abgrenzung von Hypochondrie zur Angststörung ist folglich eher akademischer Art. Für den Patienten ist das Angsterleben oftmals ähnlich. In der Psychotherapie unterscheidet man noch die „Kontaminationsphobie“. Hierbei geht es um die Befürchtung sich bei Berührung öffentlich zugänglicher Gegenstände wie Türklinken, Handläufen oder Fahrstuhlknöpfen mit einer ansteckenden Krankheit zu infizieren. Eine weitere Differentialdiagnose ist die „Körperdismorphe Störung“. Das ist eine wahnhafte Erkrankung, die mit der Wahnwahrnehmung einhergeht, dass ein Körperteil deformiert oder umgestaltet sein könnte. Diese Störung geht schon in die Richtung der Schizophrenien.
Der Begriff „Neurose“ ist weitgehend antiquiert. Früher unterschied die psychotherapeutische Heilkunde zwischen Psychosen und Neurosen. Psychosen wurden eher von Ärzten und medikamentös behandelt. Die Neurosen galten eher als Bereich der Psychologen und konnten mit Gesprächstherapieformen behandelt werden. Diese Nomenklatur wurde abgeschafft. Innerhalb der Fachliteratur ist der Begriff „Neurose“ eher eine Randerscheinung.
KnowHowNow
Gibt es bestimmte Personengruppen, welche eine besondere Anfälligkeit aufzeigen? Sind Menschen, die zuvor tatsächlich an Krebs oder anderen ernstzunehmenden Krankheiten erkrankten besonders betroffen?
Dr. Lars Pracejus
Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Bei der Vorerfahrung gibt es unterschiedliche Lebensgeschichten. In einem Teil der Fälle gab es tatsächlich eine lebensbedrohliche Situation, manchmal sogar durch eigenes Fehlverhalten verursacht. Andere Betroffene hatten niemals eine ernsthafte Erkrankung, entwickeln aber große Sorgen um die eigene Gesundheit.
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Jeder Mensch fürchtet Krankheiten und lässt sich deshalb regelmäßig beim Arzt seines Vertrauens untersuchen. Doch worin liegt der Unterschied zu Hypochondern und ab wann kann man einen Menschen als Hypochonder bezeichnen bzw. wann besteht therapeutischer Bedarf?
Dr. Lars Pracejus
Auch hier ist der Leidensdruck des Betroffenen entscheidend. Natürlich ist es gerechtfertigt, wenn ein ehemaliger Krebspatient bei den Nachsorgeuntersuchungen der folgenden zehn Jahre eine berechtigte Sorge um Rezidiverscheinungen hat. Das wäre keine Hypochondrie. Hypochonder zeichnen sich dadurch aus, dass bereits initial kein organischer Befund zu finden ist, was meist zu „Doctor Shopping“ führt, dem häufigen Wechseln des Arztes.
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Welche Behandlungsmethoden bietet die Psychotherapie bei Betroffenen an?
Dr. Lars Pracejus
Verhaltenstherapie, lösungs- und ressourcenorientierte Verfahren, Tiefenpsychologie und Analyse bieten unterschiedliche Aspekte der Krankheitsbewältigung an.
KnowHowNow
Ist nach einer solchen Therapie ein Leben ohne Ängste möglich? Ist Heilung ein realistisches Ziel?
Dr. Lars Pracejus
Jede Form von Linderung ist bereits ein Erfolg. Hypochondrische Störungen können aber auch geheilt werden. Der Patient ist aber immer aufgerufen, die gelernten Verfahren im Alltag umzusetzen und einzuüben.
KnowHowNow
Was können Angehörige und Freunde zur Heilung beitragen? Wie sollen diese mit einem Betroffenen umgehen?
Dr. Lars Pracejus
Auf keinen Fall dürfen die Sorgen auch noch befeuert werden, z.B. durch katastrophisierende Berichte, Reportagen, Internetrecherchen. Angehörige können oftmals einen Beitrag zur Ablenkung leisten, den Betroffenen aus der Isolation holen, Lebensaktivität unterstützen.
KnowHowNow
Welchen abschließenden Ratschlag möchten Sie Lesern und Betroffenen auf den Weg mitgeben?
Dr. Lars Pracejus
Psychische Störungen sind immer schwerer zu behandeln, je länger sie andauern. Suchen sie rechtzeitig professionelle psychologische Hilfe auf.
KnowHowNow
Herr Dr. Lars Pracejus, wir bedanken uns für dieses Gespräch mit KnowHowNow!
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Dr. Lars Pracejus arbeitet in eigener Privatpraxis für Psychotherapie (HPG) in Gießen. Er steht für Beratung und Nachfrage zur Thematik persönlich zur Verfügung.
Praxis für Psychotherapie (HPG) Dipl.-Psych. Dr. Lars Pracejus
Südanlage 12, 35390 Gießen
Tel.: 0641 – 55 99 613
info@hypno-dialog.de
www.hypno-dialog.de
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Im Gespräch Dr. Lars Pracejus. Praxis: Südanlage 12, 35390 Gießen. Diplom-Psychologe aus Gießen und Spezialist für Psychotherapie und Hypnotherapie, Hessen. Promotion (rer. nat.) und Studium der Psychologie mit Nebenfach Medizin an der Justus Liebig Universität Gießen.
Interviewkennung bei Rückfragen an KnowHowNow: med/0009
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