Oliver Knittel
Neulich surfte ich in den Weiten des Internets. Ich stolpere über eine interessante Projektausschreibung. Aufmerksam lese ich die Ausschreibung, lese sie erneut, stutze und lese sie noch einmal. Meine Neugier ist geweckt. Die unten aufgeführte Ausschreibung fordert dann auch meine ganze Aufmerksamkeit.
Gesucht wird: Prozessberater für IT-Governance-Richtlinien (w/m)
Projektstart: ASAP
Voraus. Laufzeit in Monaten: 12
Ca. Stundensatz: 75,00 EUR
Branche: Versicherungswirtschaft
Skills: Projekt Management Professional (PMI), CMMI/ITIL/ObIT
Das Projekt umfasst folgende Aufgaben: Für unseren Kunden, einen internationalen Konzern, suchen wir ab Januar in Köln einen Prozessberater (w/m) zur Unterstützung im Projekt. Im Projekt soll die Qualitätssicherung und Kommunikation bzw. den einzelnen Stakeholdern unterstützt werden. Des Weiteren soll der Rollout vorbereitet und umgesetzt/betreut werden.
Folgende Erfahrungen werden benötigt:
– tiefgreifende Erfahrungen mit ITIL im RZ-Betrieb und Application Monitoring (Must)
– profunde Erfahrungen mit COBIT (Must)
– sehr gute Erfahrungen mit CMMI (Must)
– sehr gute Erfahrungen mit PMI (PM Book) (Must)
Bei so vielen Abkürzungen kann einem nur der Kopf brummen. Obwohl ich aus der Branche komme und mich im IT-Feld sehr gut auskenne, verstehe ich nur dreiviertel der Begriffe. So blicke ich mit Respekt auf den Personalberater, der die Ausschreibung online gestellt hat. Er muss ein großer Kenner der IT sein. Vor allem scheint er den Unterschied der dargestellten Methoden genau zu kennen, denn sonst würde er so eine Ausschreibung nicht veröffentlichen, oder?
Mal davon abgesehen, dass IT-Berater immer und überall verfügbar sein müssen, sie müssen alles wissen, alles können und das bitte schön zu einem Stundensatz von 75,- EUR. Besonders, wenn ich mir überlege, dass der Automechaniker in meiner Werkstatt auch schon 80,- EUR pro Stunde verlangt.
Ich brüte über der Ausschreibung, um zu verstehen, was genau gefordert wird. Hier stolpere ich zunächst über die Wortwahl. Während die Erfahrungen mit ITIL tiefgreifend sein sollen, müssen sie bei CobiT profund sein, beim Rest immerhin sehr gut. Da frage ich mich doch, wann ich tiefgreifende, wann ich profunde Erfahrungen und wann ich sehr gute Kenntnisse habe? Danach beschäftige ich mich mit den inhaltlichen Anforderungen und betrachte den Rest der Ausschreibung in Dr.-House-Manier.
ITIL: Wenn ich mich recht erinnere, war Itil die historische Hauptstadt des Reichs der Chasaren. Ich hoffe, dass damit nicht der Projektstandort gemeint ist. So gehe ich mal davon aus, dass mit ITIL die IT Infrastructure Library gemeint ist. Das ist eine Sammlung von Regeln, Definitionen und Werkzeugen für den Betrieb einer IT. Verwirrend ist, dass ITIL keine Projektmanagement-Methode, sondern ein durch eine Dokumentensammlung unterstützter Ansatz ist. Die vom Office Government Commerce (OGC), dem Gralshüter über ITIL empfohlene Projektmanagement-Methode ist jedoch PRINCE2. In der Ausschreibung werden aber Must-Kenntnisse zum PMBOK gefordert. Das PMBOK ist aber neben PRINCE2 ebenfalls ein Standard für Projektmanagement.
CobiT: Dann werden weitere Methodenkenntnisse gefragt. Mir sagen die Begriffe CeBit und auch der kleine Hobbit etwas, aber was zum Teufel ist CobiT? Ich schaue in Wikipedia und lese: „CobiT (Control Objectives for Information and Related Technology) ist das international anerkannte Framework zur IT-Governance und gliedert die Aufgaben der IT in Prozesse und Steuerungsvorgaben“. Es geht also im weitesten Sinne um die Sicherheit von IT-Prozessen. Beispielsweise müssen demnach die IT-Prozesse so definiert werden, dass niemand eine private CD mit Kontodaten brennen und mitnehmen kann.
CMMI: CMMI steht für Capability Maturity Model Integration. Dies bedeutet so etwas wie den Qualitätsstandard eines Software-Entwicklungsprozesses. Darin steckt das Wort Maturity, das übersetzt Reifegrad bedeutet.
Ein Beispiel aus der Natur illustriert, was mit CMMI prinzipiell gemeint ist: Stellen wir uns einen Apfelbaum vor. Erst blüht der Apfelbaum und die Blüten dürfen nicht erfrieren. Wenn der Apfel zu früh gepflückt wird, ist er sauer und hart. Nur wenn der Apfel lange genug am Baum ist, schmeckt er wirklich gut. Im Zusammenhang mit CMMI wird dieses Bild auf die Entwicklung von Software-Organisationen übertragen. Doch damit nicht genug, es gibt drei verschiedene Modelle:
– Das CMMI for Development (CMMI-DEV) unterstützt die Verbesserung von Organisationen, die Software, IT-Systeme oder Hardware entwickeln
– Das CMMI for Acquisition (CMMI-ACQ) unterstützt die Verbesserung von Organisationen, die Software, Systeme oder Hardware einkaufen, jedoch nicht selbst entwickeln
– Das CMMI for Services (CMMI-SVC) unterstützt die Verbesserung von Organisationen, die Dienstleistungen erbringen
Adaptiert auf die Versicherungswirtschaft bedeutet das:
– Versicherer entwickeln ihre Software oft selbst
– Versicherer lagern ihre Software-Entwicklung für bestimmte Bereiche, die sie nicht zu ihrer Kernkompetenz zählen, aus. Dies gilt z. B. für das Rechnungswesen.
– Die Software-Entwicklung für andere Organisationen ist eher exotisch. Ich kenne hier persönlich nur einen Fall. Die IT-Abteilung der Generali hat eine Produktmodellierungs-Software entwickelt, die auch anderen Konzerntöchtern zum Kauf angeboten wird
Wieder kann man in den Anforderungskatalog alles und nichts hineininterpretieren, aber sehr gut sollen die Erfahrungen mindestens sein!
PMI: Weiterhin werden „sehr gute Erfahrungen mit PMI (PM Book) (Must)“ gefordert. Ich bin Project Management Professional (PMP) und hatte schon mit der Hotline des Project Management Institutes (PMI) zu tun, was aber sicherlich nicht gemeint sein dürfte.
An der Schreibweise PM Book erkenne ich, dass sich der Verfasser nicht wirklich mit dem Thema auskennt. Es gibt natürlich unzählige Mengen an Büchern über Projektmanagement (PM Books), gemeint sein dürfte aber das Project Management Body of Knowledge (PMBOK). Das ist das Lehrbuch und Standardwerk für die Ausbildung zum PMP. Das schreibt sich aber PMBOK und nicht PM Book.
Für die Prüfungszulassung als PMP sind mindestens 4.500 Stunden Projektmanagement-Erfahrung innerhalb der letzten sechs Jahre Pflicht. Weiterhin muss ein PMP-Vorbereitungskurs von mindestens 35 Stunden besucht und eine anspruchsvolle Prüfung abgelegt werden. Zusammenfassend heißt das:
– PMI ist das Institut
– PMBOK ist das Lehrbuch
– PMP ist der Abschluss
Fazit
Gesucht wird ein Freiberufler, der schon als IT-Leiter, Berater, Sicherheits- und Projektmanager gearbeitet hat. In diesen Rollen, die erst einmal nicht viel miteinander zu tun haben, soll man profunde, tiefgreifende und sehr gute ITIL-, CobiT-, CMMI- und „PM Book“-Kenntnisse erworben haben. Oder anders ausgedrückt: Gesucht wird der „Freiberufler-Superman“
Der Versicherer sucht aber keinen Superman, sondern einen Berater für IT-Prozesse, denn jedes Unternehmen muss IT-Governance Richtlinien erfüllen und speziell hierfür gibt es Prozesse, die dafür sorgen, dass die Richtlinien eingehalten werden.
In meinen Augen ist jedoch bei dieser Ausschreibung eine Fehlbesetzung gerade zu vorprogrammiert! In Freiberuflerkreisen führt das zudem oft dazu, dass sie viel Geld für Zertifikate ausgeben, da diese in den Ausschreibungen immer wieder gefordert sind. Von Personalvermittlern erwarte ich aber, dass sie wissen, was sie fordern und nicht nur einfach Profile durchreichen. Vielmehr sollten sie in intensiven Gesprächen mit dem Kunden diskutieren, welche Anforderungen wirklich wichtig sind und welche nicht. Hierzu gehört es auch, etwas zurückhaltender mit Muss-Anforderungen umzugehen und im Einzelfall den Kunden darauf aufmerksam zu machen, dass es bestimmte Qualifikationskombination auf dem Markt nicht gibt, da sie der Fachlogik widersprechen.
insure-IT (TM) [insurance-Information Technology] ist eine Einzelunternehmung, Gründer und Inhaber ist Oliver Knittel. insure-IT (TM) bietet ausschließlich für die Versicherungsbranche IT-Beratungsleistungen. Die Kernkompetenz exklusiv für Versicherungen ist ein Netzwerk von hochkarätigen Freiberuflern, die Versicherer in den Themen IT-Versicherungen, IT-Beratung, bei der Erstellung von Fach- und DV-Konzepten und dem Projektmanagement unterstützen.
Oliver Knittel studierte nach seinem Abitur und seiner Ausbildung zum Versicherungskaufmann an der Fachhochschule Köln Versicherungswesen. Nach einer Berufstätigkeit in der Versicherungsbranche im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge wechselte er zu einem auf die Versicherungsbranche spezialisierten Softwarehaus, für das er bis 1998 arbeitete.
Seit 1999 ist er selbständiger Unternehmensberater, Versicherungsexperte, Business-Analyst und zertifizierter Projektleiter. In diesen Funktionen hat er zahlreiche Versicherungen bei der Entwicklung und Implementierung neuer Versicherungsprodukte unterstützt.
Neben seiner Projektarbeit hat er zahlreiche Weiterbildungen absolviert. Als Freiberufler für Versicherungen darf er sich heute „Fellow of the Chartered Insurance Institute“ (FCII) und „Diplomierter eidgenössischer Versicherungsfachexperte“ (BVF) nennen. Als zertifizierter Projektleiter darf er sich „Project Management Professional“ (PMP) nennen.
2007 belegte Oliver Knittel im Wettbewerb „IT Freelancer des Jahres“ den 2. Platz. 2008 gewann er den Wettbewerb und schaffte zum zweiten Mal in Folge eine Top-Platzierung.
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