Mehr inklusiver Wohnraum für ältere Menschen mit Behinderung nötig
Allgemein mangelt es in Deutschland an inklusiven Wohnangeboten. Gerade für ältere Menschen mit Behinderung braucht es Lösungen. Sie sind doppelt gefährdet, soziale Ausgrenzung, Einsamkeit und Isolation zu erfahren. Dies gilt auch für die heute noch lebenden rund 2.400 Opfer des Conterganskandals, die inzwischen das Seniorenalter erreicht haben und deren Versorgungskontexte mehr und mehr wegfallen. Eine vom Vorstand der Conterganstiftung eingesetzte Expertinnen- und Expertenkommission legt deshalb einen Arbeitsschwerpunkt auf das Thema inklusives Wohnen.
„Es reicht generell nicht aus, den Blick auf barrierefreien oder roll-stuhlgerechten Wohnraum zu richten“, sagt Kommissionsmitglied und Care-Forscherin Dr. Romy Reimer. Es gehe auch um soziale Teilhabe, so die Expertin, die davon ausgeht, dass der Bedarf an inklusivem Wohnraum in Zukunft noch steigen wird. Sie ist zuversichtlich: „Im Bereich neuer Wohnformen gab es in den vergangenen Jahren Ansätze, Wohnen inklusiver zu gestalten. Ich denke, dass diese auch für Menschen mit Conterganschädigung bedeutsam sind und deren Lebensqualität und Selbstbestimmung stärken können.“ Neben Frau Dr. Reimer gehören 13 weitere Expertinnen und Experten dem Beratungsgremium an.
Bei Menschen mit Conterganschädigung stellen sich zu den angeborenen orthopädischen und organischen Beeinträchtigungen zunehmend Folge- und Spätschäden ein. So entstehen neue Bedarfe an medizinischer Versorgung, psychosozialer Begleitung oder beim altersgerech-ten Wohnen. Der Vorstand der Conterganstiftung erwartet, dass die Arbeitsergebnisse der Kommission letztlich für alle älteren Menschen mit Einschränkungen Relevanz haben werden.
Die Mitglieder der Kommission kommen aus unterschiedlichen Fachbereichen und verfolgen einen interdisziplinären Ansatz. So kommt Expertise aus den Gebieten Wohnen, Soziales, Medizin, Recht und Verwaltung in das Gremium. Ebenso sind Menschen mit Conterganschädigung vertreten, die ihre spezifischen Erfahrungen, Bedarfe und Ideen einbringen.
Die Conterganstiftung
Vor 60 Jahren sorgte das Medikament Contergan für den ersten Arzneimittelskandal im Deutschland der Nachkriegszeit. Zwischen 1958 und 1963 gebaren Mütter, die das Mittel eingenommen hatten, Kinder mit orthopädischen und inneren Schäden sowie Hals-Nasen-Ohren-Schäden und Augenschäden. Viele von ihnen starben. Heute leben noch etwa 2.300 bei der Stiftung anerkannte Menschen mit Conterganschädigung allein in Deutschland. Im Dezember 1971 wurde die Stiftung durch Beschluss des Deutschen Bundestags ins Leben gerufen. Das Stiftungskapital wurde bei Stiftungsgründung von dem Pharmaunternehmen Grünenthal und dem Bund zu gleichen Teilen eingebracht. Seitdem die Gelder für Zahlungen an die Betroffenen aufgebraucht sind, bestreitet der Bund die Zahlungen zu hundert Prozent aus seinen Mitteln.
Kontakt
Conterganstiftung
Matthias Moeller
An den Gelenkbogenhallen 2-6
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