Macht Glück wirklich glücklich?

„Freude ist unsäglich mehr als Glück, Glück bricht über die Menschen herein, Glück ist Schicksal – Freude bringen sie in sich zum Blühen, Freude ist einfach eine gute Jahreszeit über dem Herzen; Freude ist das Äußerste, was die Menschen in ihrer Macht haben.“
R.M. Rilke (1875 – 1926)

„Da habe ich aber Glück gehabt“, ertönte es sicher schon millionenfach auf vielen Sprachen in der Welt und gemeint sind damit bewusste Momente einer guten Fügung von Umständen, die zu einem Erleben eines angenehmen Geisteszustandes führen, dem begehrten Glück. Wohlbefinden spiegelt das Glück, innere Freude, sich entfaltende Kraft. Die meisten Menschen hoffen auf Glück im Leben und möchten das Glück festhalten. Hoffnung, Glück, aber auch die Angst, das Geschenk des Lebens wieder zu verlieren, kennzeichnen die Situation. Begehrt man etwas zu sehr, so steigt die Angst, es zu verlieren. Deshalb bezeichnet der Buddhismus das Anhaften wohl auch als einen störenden Geisteszustand. So wird dem Einzelnen zumeist schnell klar, dass man Hochgefühle selten konservieren kann. Glück ist ein Spielzeug, welches Dir schnell abgenommen werden kann. Glück ist aber auch das, was wir begehren. Müssen wir uns also damit abfinden, dass Glück oft nur von kurzer Dauer ist oder können wir unser Leben bewusst so gestalten, dass unser inneres Glücksgefühl anhält, wir das tief empfinden und auch ausstrahlen, dass es nicht nur einen kurzen Moment der Ekstase darstellt?
Und genau dann, wenn wir ein stabiles Glücksempfinden gerne erfahren würden, sollten wir uns davon trennen, den Gedanken an ein äußerlich verursachtes statisches Glück zu einer starren Vorstellung zu erheben. Glück kann durchaus von äußeren Begebenheiten ausgelöst werden, ist aber als etwas länger Anhaltendes betrachtet das innere Erleben eines psychischen Zustandes von tiefer Freude. Wir können also Enthusiasmus für eine ausgewählte zeitweilige Begebenheit empfinden oder aber für die klare Erkenntnis der wirklichen Natur des Geistes. Wir können erkennen, dass wir unabhängig von Situationen froh sein können, Glück empfinden, Kraft entfalten, dem wunderbaren einfachen Dasein gegenüber, dass Offenheit und Freude eigentlich natürliche Zustände des Seins sind, diese aber überdeckt werden von unserer Verwirrung im Leben. Leben wir fremddefiniertes Glück, leben wir an uns vorbei, dann ist das so, als wäre der strahlende Himmel bedeckt und trübe. Doch unser einfaches Sein ist bereits wertvoll. Aus dieser Lebendigkeit heraus, können wir unsere speziellen Lebenswege bewusst gestalten. Das bedeutet in der Regel, dass wir unser Dasein klar erkennen sollten und Sinn stiftend leben. Es ist schön zu entdecken, dass wir dem Leben etwas ganz Einzigartiges zu schenken haben, dass wir unsere Lebenskraft, unsere Aufmerksamkeit, unsere Energie in ein Handeln oder aber auch in geistige Güter verwandeln können, die das Leben für uns und andere bereichern. Die Selbsterkenntnis ist dabei sehr oft ein turbulenter, spannender und durchaus ereignisreicher Weg. Wir wachsen an unseren Erfahrungen. Wie bei allem Lebendigen kommt es dabei darauf an, zu gedeihen, zu erblühen, Früchte zu tragen und auch darauf, sich stets zu erneuern. Wie ein Baum brauchen wir Wurzeln im Leben, etwas, was uns hält und wachsen lässt. Die Wurzeln der Menschen können sehr verschieden sein. Eine gute Nährstoff spendende Umgebung ist von Nutzen. Das Wachstum sollte so sein, dass wir mit dem Leben mit Veränderungen schwingen können und am Ende, wie der Baum, eine üppige Krone entfalten, mit Ästen, Blättern und Früchten, was übersetzt den Ergebnissen unseres Schaffens entsprechen würde, unseren Träumen, dem, was wir zu geben haben.
Wir müssen uns also hin zum Glück, zur inneren Freude, zu unserer Kraft emanzipieren. Betrachten wir das Wort Emanzipation begrifflich als Befreiung aus einem Zustand von Abhängigkeit, so sollten wir uns auch aus der Anhaftung der Vorstellung eines beständigen äußeren Glücks befreien. Glück in Form innerer, tiefer Freude ist, wie beschrieben, eine Art des Seins, das man erfahren und annehmen kann.

Die Befreiung aus überbehüteten privaten und gesellschaftlichen Zuständen, aus Abhängigkeiten und Anhaftung, aus festgelegten, oft männerdominierten Denksystemen in der Politik, im Kulturbereich und die langjährige Suche nach dem Lebensglück – das ist das Thema der Keynote Speakerin und Psychologin Delia Müller. Sie zeigt uns anhand Ihres stürmischen und sehr erfolgreichen und kreativen Lebensweges, wie es gelingt, „Schachteln“ zu verlassen, wie Sie es nennt. Feste Bezugssysteme in denen starr definiert ist, was Glück bringt und was Erfolg bedeutet. Sie beschreibt ihre persönliche Suche nach dem Glück in ihrem ergreifenden Vortrag: „Weiblichkeit rockt“.
Der Vortrag inspiriert sehr zu einem Leben, das nicht nur erfolgreich ist, sondern spannend
und voller Freude und spielerischer Leichtigkeit.

Emanzipation hin zum Glück ist eine Gemeinschaftsaufgabe von bewussten Menschen, die eine Gesellschaft befördern, deren Werte auf Mitgefühl und Liebe basieren, die respektvoll mit dem Leben umgeht, die Freude und Glück als Grundlage von Entwicklung betrachten. Weiblichkeit rockt – bedeutet Verbundenheit zu erkennen und zu leben. Und es bedeutet zu erkennen, dass jeder Weg des Gedeihens und Erblühens einzigartig ist. Wir brauchen keine Schachteln, wir brauchen keine künstlichen Aufwertungsmechanismen. Offenheit und Freude entsprechen unserem Wesen und es kommt darauf an, den Wind zu rufen, um die Wolken ziehen zu lassen, um Veränderung und Vielfalt zu begrüßen. Es benötigt eine Emanzipation von der Emanzipation, wenn wir das Wort dazu missbrauchen, Hass zu säen. Wir brauchen Menschlichkeit und Verbundenheit, Verständnis füreinander. Wer möchte denn in einer Welt voller Gewalt und Gier gleiche Berechtigungen? Es bedarf keine künstlichen Gleichstellungen bei gleichbleibendem Konkurrenzsystemdenken, sondern neue Qualitäten im Zusammenleben oder besser dem Entdecken der ursprünglichen Qualitäten von Offenheit, Freude und Liebe und natürlich Respekt im Umgang miteinander. Das wäre eine willkommene Ursache für mehr als flüchtiges Glück.

Institut Delia Müller

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Bildquelle: Neo Rioux