Die kommunikative Guillotine

Warum Glaubwürdigkeit auch eine Frage des Timings ist

Was ist eine gute und glaubwürdige Unternehmenskommunikation? Dieser Frage widmen sich Führungskräfte, Marketingspezialisten, Unternehmensberater – und nicht zuletzt auch Mitarbeiter. Auf der Suche nach den passenden Antworten wird eine Achse gerne vergessen: das Timing.

Selbstverständlich ist es wichtig und richtig, dass die Kommunikation nach außen und innen inhaltlich korrekt ist, dass keine Unwahrheiten verbreitet werden, nichts schöngeredet oder inhaltsleer zurecht geschwurbelt wird. Mittel- und längerfristig auch von entscheidender Größe ist die der Kommunikation nachgelagerte Handlung. Denn erst die Handlung macht die Kommunikation glaubwürdig. Dieser Grundsatz bedeutet nichts anderes als das, was ich verspreche zu tun, sollte ich dann auch tatsächlich machen.

Wenn ein Unternehmen in einer Mitteilung vollmundig „Es gibt keinen Stellenabbau!“ ins Universum posaunt und es dann trotzdem tut, ist die ganze Kommunikation im Eimer. Wenn eine Großbank nach einem desaströsen Jahr bei der Pressekonferenz ein „Wir werden demütiger und haben uns neu aufgestellt!“ Besserung gelobt und dann weder demütiger noch sonst etwas in dieser Richtung tut, wird die mühsam erworbene Glaubwürdigkeit restlos einbüßen. Und wer sein Publikum beim nächsten Vorkommnis ein weiteres Mal mit ähnlichen, kommunikativen und schemenhaften Formulierungen einräuchert, dem glaubt man am Ende gar nichts mehr.

Wer stattdessen seine Kommunikation sauber und glaubwürdig aufgleist, hat ebenfalls nichts davon – wenn das Timing falsch ist. Ein Beispiel: Ein großes Unternehmen kündigt am Tag X eine empfindliche Preiserhöhung an. Eine, von der Tausende Menschen betroffen sind. Inhaltlich ist alles nachvollziehbar, unternehmerisch sinnvoll und irgendwie folgeschlüssig aus dem wirtschaftlichen Umfeld. So weit, so gut. Wenige Tage davor allerdings hat genau dieses Unternehmen ein neues Logo angekündigt und mit dem neuen Außenauftritt auch den finanziellen Aufwand, den diese Übung mit sich bringt. Auch das wird argumentativ schlüssig formuliert, alles berechtig, sinnvoll und aus Marketingsicht plausibel. Soweit auch gut.

Wenige Tage später kommt ans Licht, dass gerade in dieser Zeit Mitarbeitende zu einer grandiosen Party eingeladen werden. Ein Millionenaufwand, den man den Mitarbeitenden gönnen mag, schließlich mussten sie auf so etwas lange Zeit warten – und heruntergebrochen auf die Kosten pro Teilnehmer ist es eigentlich ein kleiner Betrag. Das Manko: Jede Meldung für sich erscheint gerechtfertigt, inhaltlich nachvollziehbar und isoliert betrachtet auch gut kommuniziert wird. Doch weil alle Botschaften zur mehr oder weniger selben Zeit kommuniziert wurden, ging der Shitstorm los, die Negativspirale in der öffentlichen Meinung drehte sich abwärts und das Image beginnt sich zu ramponieren.

Welcher Zeitpunkt ist der richtige – wofür?

Die kommunikative Guillotine war und ist das Timing – oder ist es die mangelnde, interne Kommunikation genau dazu und darüber? Im Grund ist es wie zu Hause oder im Freundeskreis: Auch dort überlegt man sich im Bestfall, zu welchem Zeitpunkt man einen Mitmenschen um einen Gefallen bittet. Beispielsweise als junger Mensch, der das Auto der Eltern wieder mal ausfahren möchte. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um den Vater nach dem Schlüssel zu fragen? Ob im privaten oder beruflichen Kontakt: Wir müssen uns Gedanken machen über das Timing und manchmal sogar überlegen, ob wir den festgelegten Zeitpunkt als solchen bereits kommunizieren – das hilft nicht nur für die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit, sondern erst recht in Sachen Glaubwürdigkeit.

Wer das Maximum an positive Wirkung erzielen möchte, kommt um die Achse des Timings nicht herum. Hier die wichtigsten Tipps:

-Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit bilden das Rückgrat in der Kommunikation
-Offenheit, Transparenz schaffen Vertrauen
-die Handlung nach der Kommunikation macht glaubwürdig
-das Timing bringt das alles aber erst zum Wirken: Es muss nicht nur das „was“ und das „wie“ beleuchtet, sondern gerade auch das „wann“ beachtet werden

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Stefan Häseli ist Kommunikationstrainer, Keynote-Speaker, Moderator und Autor mehrerer Bücher. Er betreibt ein Trainingsunternehmen in der Schweiz. Der Kommunikationsexperte begleitet seit Jahren zahlreiche Unternehmen bis in die höchsten Vorstände von multinationalen Konzernen.

Er doziert an Universitäten und Fachhochschulen im Themenfeld Kommunikation. Als Experte nimmt er im Radio und TV-Stationen immer dann Stellung, wenn Kommunikation irgendwo auf der Welt gerade eine entscheidende Rolle spielt. Er begeistert in seinen Fachartikel und Kolumnen mit feinsinnigem Humor.

In seinen Vorträgen und Seminaren vermittelt er Wissen kurzweilig und gespickt mit Beispielen aus der Praxis sowie amüsanten Anekdoten – stets mit einem liebevollen Augenzwinkern. Als ausgebildeter Schauspieler mit jahrelanger Bühnenerfahrung schreibt er ganze Abendprogramme selbst. Dazu kommen Engagements in Kino-Filmen, TV-Serien, TV-Werbespots und Schulungsfilmen.

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