Wie sich ein Rechtsstreit auch mit kleinem Budget finanzieren lässt
Anlässe für eine Rechtsberatung gibt es oft im Leben – sei es bei einer Scheidung, Mietangelegenheiten oder beim Streit ums Erbe. Aus finanziellen Gründen scheuen jedoch viele den Gang zum Anwalt. Damit auch Menschen mit sehr knappem Budget ihr Recht durchsetzen können und ein mögliches Gerichtsverfahren nicht an den Kosten scheitert, gibt es verschiedene Unterstützungs- und Beratungsangebote. Wo sie Hilfe bekommen und was dabei zu beachten ist, beantwortet Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH.
Wer hat Anspruch?
Wer sich zum Beispiel bei einer Scheidung oder einer Kündigung durch den Vermieter keinen Anwalt leisten kann oder sich vor den hohen Kosten eines Gerichtsverfahrens fürchtet, dem hilft das sogenannte Beratungshilfegesetz. Es ermöglicht Menschen mit wenig Geld den Zugang zu einer rechtlichen Beratung oder, bei Bedarf, einer außergerichtlichen Vertretung durch einen Anwalt. „Anspruch darauf haben in der Regel Empfänger von Sozialleistungen wie Bürgergeld oder Sozialhilfe, aber auch Erwerbstätige – abhängig von deren Einkommen, Finanzlage und Familiensituation“, erläutert Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH. Beratungshilfe gibt es, wenn dem Betroffenen keine anderen zumutbaren Möglichkeiten der Rechtsberatung zur Verfügung stehen, zum Beispiel als Mitglied im Mieterverein, und die Inanspruchnahme nicht mutwillig erscheint. Übrigens: Im Bereich des Strafrechts beschränkt sich eine Unterstützungshilfe auf die Beratung. Eine Vertretung oder Verteidigung durch einen Anwalt gehört nicht dazu. Beschuldigte in einem strafrechtlichen Verfahren bekommen abhängig von Art und Schwere der Straftat in bestimmten Fällen einen Pflichtverteidiger vom Gericht zur Seite gestellt. Einige Bundesländer haben besondere Regelungen: In Hamburg gibt es etwa die öffentliche Rechtsberatung anstelle der Beratungshilfe, sie nennt sich hier „öffentliche Rechtsauskunft“ (ÖRA). In Berlin haben Ratsuchende mit geringem Einkommen die Wahl zwischen beiden Modellen.
Was müssen Interessenten tun?
Wer Hilfe in Anspruch nehmen möchte, muss beim zuständigen Amtsgericht nachweisen, dass er die Kosten für eine Rechtsberatung nicht selbst aufbringen kann. „Bei dem Termin prüft ein Rechtspfleger Vermögen und Einkommen des Interessenten anhand von finanziellen Unterlagen wie Kontoauszüge oder Jobcenter-Bescheide“, informiert die Rechtsexpertin. Sind die Voraussetzungen erfüllt, erhält der Berechtigte einen Beratungsschein, mit dem er zu einem Anwalt seiner Wahl gehen kann. Übrigens: In Deutschland sind alle Anwälte gesetzlich dazu verpflichtet, Beratungshilfe zu leisten. Betroffene müssen in der Regel beim Anwalt eine kleine Gebühr in Höhe von 15 Euro zahlen. Auch ein Nachreichen des Beratungsscheins ist möglich. Hierfür haben Antragssteller bis zu vier Wochen nach dem Beginn der Beratung Zeit.
Ablauf des Beratungsgesprächs
In dem Beratungsgespräch erklärt der Anwalt zunächst die vorherrschende Rechtslage und berät anschließend zum Vorgehen. „Dies kann auch eine sogenannte außergerichtliche Vertretung beinhalten“, weiß Rassat. Das bedeutet: „Der Anwalt nimmt schriftlich oder telefonisch Kontakt mit der Gegenseite auf, um die Interessen seines Mandanten durchzusetzen.“ Beispielsweise kann er einen Brief an den Vermieter schreiben, der unberechtigterweise die Wohnung gekündigt hat. Viele Fälle lassen sich so bereits klären.
Prozesskostenhilfe
Lässt sich der Konflikt nicht außergerichtlich lösen, haben Betroffene die Möglichkeit, eine sogenannte Prozesskostenhilfe zu beantragen. Mit dieser lassen sich die Gerichts- und die eigenen Anwaltskosten decken. Sie steht für Verfahren im Zivilrecht sowie für Prozesse vor den Verwaltungs-, Arbeits- und Sozialgerichten zur Verfügung. Eine wichtige Voraussetzung ist immer, dass das Verfahren Aussicht auf Erfolg hat. Betroffene können sie auch beantragen, wenn sie sich den Prozess zumindest teilweise selbst leisten könnten: In diesem Fall übernimmt der Staat die Kosten anteilig. Dies gilt jedoch nicht für Personen, die die Prozesskosten mit ihrem Einkommen in vier monatlichen Raten und einem möglichen Restbetrag aus ihrem Vermögen bezahlen können. „Betroffenen sollte zudem Folgendes bewusst sein: Verlieren sie das Gerichtsverfahren, müssen sie die Kosten des gegnerischen Anwalts selbst übernehmen“, so Rassat. Daher ist es wichtig, sich über drohende Kosten vorab von einem Anwalt beraten zu lassen.
Sonstige Möglichkeiten
Darüber hinaus gibt es weitere Optionen für eine günstige Rechtsberatung. Online finden Interessenten beispielsweise viele Portale, die eine günstige Erstberatung bieten. „Hier können sie ihr Problem schriftlich schildern und nach kurzer Zeit meldet sich ein Anwalt zum Beispiel für einen Chat. Die Kosten unterscheiden sich je nach Variante und liegen oft unter 50 Euro“, so die Juristin von ERGO. Auch die Verbraucherzentralen können eine erste Anlaufstelle bei rechtlichen Problemen sein. In Hamburg beispielsweise kostet eine telefonische Rechtsberatung bei der Verbraucherzentrale 2 Euro pro Minute aus dem deutschen Festnetz.
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