Am 19.11.2022 feierte der Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie Bayern (LVL) im Rahmen einer Fachtagung zur Dyskalkulie sein 40jähriges Bestehen. Der Vorstand forderte auf der Veranstaltung die Politik auf, schulrechtliche Regelungen für Schülerinnen und Schüler mit Dyskalkulie zu schaffen.
Die Fachtagung anlässlich des Jubiläums stand unter dem Thema Dyskalkulie, da trotz des langjährigen Einsatzes von vielen ehrenamtlich Engagierten im LVL Bayern, im Schulalltag noch großer Handlungsbedarf besteht. Die einführenden Worte unter dem Motto „Ein Ritt durch 40 Jahre LVL“, der Landesvorsitzenden Tanja Scherle und der Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Beirats im BVL PD Dr. Kristina Moll zeigten auf, welche Meilensteine der LVL erreicht hat und dass die Dyskalkulie aus wissenschaftlicher Sicht immer mehr Bedeutung in Publikationen gewonnen hat. Das Tagungsmotto „Dyskalkulie – Wissen erfordert Handeln“ stehe dafür, die Erkenntnisse zur Dyskalkulie in die schulische Praxis und Förderung zu integrieren.
Als Videobotschaft übermittelte Anna Stolz, Staatssekretärin im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, ihre Grußworte. Sie würdigte das ehrenamtliche Engagement des Landesverbandes sowie die Verdienste von Prof. Dr. Schulte-Körne und PD Dr. Kristina Moll für ihre Forschungsarbeit, die maßgeblich dazu beigetragen habe, dass Menschen mit einer Legasthenie und Dyskalkulie mehr Akzeptanz in der Gesellschaft finden. Der Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis sei ein Gewinn für die Betroffenen.
Sehr eindrucksvoll schilderte zu Beginn der Tagung eine Mutter den schulischen Werdegang ihrer Tochter mit Dyskalkulie und berichtete über die fehlenden Kapazitäten und Kompetenzen der Grundschullehrkräfte zur Dyskalkulie. Eine emotionale Debatte im Anschluss an den Beitrag von PD Dr. Denise Reizenstein machte deutlich, dass die Zeit längst überfällig ist, die Dyskalkulie in der Schule anzuerkennen.
PD Dr. Kristina Moll, Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats im BVL, hat in ihrem Vortrag zur Förderung bei Kindern mit Lernstörungen und komorbiden Störungen darauf hingewiesen, dass die Matheangst, die bei vielen Kindern mit Dyskalkulie durch die Misserfolge entsteht, eine große Blockade in der Lernförderung darstellen kann. Die Entwicklung von Ängsten und anderen komorbiden Störungen betreffe den Großteil der Kinder mit einer Lernstörung, umso wichtiger sei eine frühzeitige Intervention.
Rechtsanwalt Dr. Johannes Mierau machte in seinem Vortrag zur rechtlichen Situation in den Schulen deutlich, dass die bisherige Begründung für die Nicht-Anerkennung der Dyskalkulie die angeblich fehlende Erforschung der Dyskalkulie sei. Nach aktuellem Stand der Forschung und insbesondere durch die Verabschiedung der S3-Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung der Rechenstörung im Jahr 2018, könne dieser Grund nicht mehr angeführt werden. Es liegen umfassende Kenntnisse zu Ursachen, Diagnostik und Behandlung vor, die schulrechtliche Regelungen zur Dyskalkulie geradezu erfordern, um Schülerinnen und Schüler mit einer Dyskalkulie nicht weiterhin in unserem Bildungssystem zu diskriminieren.
Dr. Silvia Fratton-Meusel, Staatl. Schulpsychologin und Beratungsrektorin des Staatlichen Schulamts Miesbach, sprach über die Dyskalkulie im schulischen Kontext und zeigte aktuelle Maßnahmen zur Unterstützung der betroffenen Schülerinnen und Schüler in Bayern auf. Ebenso wies sie auf die wichtige Funktion der Beratungsstellen für Grundschulen hin.
Wie wichtig und hilfreich eine qualifizierte Förderung ist, machte Dr. Silvia Pixner; Priv. Dozentin an der UMIT Tirol, anhand eines Förderkonzeptes zur Dyskalkulie deutlich. Eine gezielte Förderung sei insbesondere für Kinder mit Dyskalkulie wichtig, um die mathematischen Herausforderungen in der Schule zu bewältigen. Birgit Anzenberger, Dyskalkulietherapeutin nach BVL, stellte abschließend ein Konzept zur qualifizierten Förderung bei Dyskalkulie in Kleingruppen an Schulen vor.
Die feierliche Übergabe der Schenk-Danzinger-Medaille an Prof. Dr. med. Schulte-Körne, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am LMU Klinikum, die ihm vom BVL verliehen wurde, war ein weiteres Highlight der Tagung. Durch sein berufliches und persönliches Engagement im Bereich Legasthenie und Dyskalkulie hat er maßgeblich dazu beigetragen, dass Forschungsprojekte initiiert und daraus wertvolle Informationen bereitgestellt werden konnten, die den steinigen Weg der betroffenen Menschen geebnet haben. Der Laudator, Prof. Dr. Markus Nöthen, Direktor des Instituts für Humangenetik des Universitätsklinikums Bonn, stellte den Werdegang und das herausragende Engagement von Prof. Dr. med. Schulte-Körne sehr eindrucksvoll dar.
Abschließende Worte zur Tagung kamen aus dem Publikum und brachten die Inhalte der Fachtagung auf den Punkt: Alle bewegen sich – Eltern, Therapeuten und die Forschung – nur die Politik nicht!
Die Tagung wurde gemeinsam mit der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des LMU Klinikums München durchgeführt. Weitere Informationen zur Dyskalkulie sind im Internet unter http://www.bvl-legasthenie.de abrufbar.
Über den Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V.:
Der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V. besteht seit über 45 Jahren und ist eine Interessenvertretung von Betroffenen und deren Eltern sowie von Fachleuten (Pädagogen, Psychologen, Ärzten, Wissenschaftlern, Therapeuten und im sozialen Bereich Tätigen), die sich in Theorie und Praxis mit der Legasthenie und Dyskalkulie auseinandersetzen. Er trägt dazu bei, dass gesetzliche Grundlagen und wissenschaftliche sowie praktische Möglichkeiten der Hilfe in allen Bundesländern geschaffen und verbessert werden. Durch persönliche Beratung, Informationsschriften und Hinweise auf geeignete Literatur sollen die Eltern die Schwierigkeiten ihrer betroffenen Kinder besser verstehen lernen.
Der BVL fördert durch wissenschaftliche Kongresse und Veröffentlichungen die Forschung und den wissenschaftlichen Dialog unter Fachleuten aller beteiligten Disziplinen. Durch Informationen und Zusammenarbeit mit den Medien macht der BVL die Probleme von Menschen mit Legasthenie und Dyskalkulie bekannt.
Weitere Informationen: http://www.bvl-legasthenie.de
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