1.) In welchem Tempo verändern sich die Anforderungen an Führungskräfte bei Veränderungsprozessen?
Kunz: Das Tempo hängt von Prozessen in den jeweiligen Firmen ab, es kann sehr zügig verlaufen oder sich über Jahre hinziehen. Je nachdem, ob die Firmenleitung wechselt, das Unternehmen verkauft oder integriert wird oder ob es sich um eine Fusion handelt. Bei einschneidenden Veränderungen ist das Tempo oft sehr hoch, weil so schnell wie möglich die neuen Strukturen mit Leben gefüllt werden sollen. Mitarbeiter sollten darüber sobald wie möglich umfassend von der Geschäftsleitung und den Führungskräften informiert werden.
Eck: Genau, es empfiehlt sich, eine professionelle interne Kommunikation zu betreiben. Je schneller die Mitarbeiter eingebunden werden und Klarheit haben, desto besser funktioniert eine Veränderung. Projekt- oder Veränderungskommunikation darf nicht zu früh, aber vor allem nicht zu spät gestartet werden.
2.) Wie können Sie erreichen, dass durch die Veränderungen realistische Ziele im Dialog mit Teams und Mitarbeitern motivierend vermittelt und umgesetzt werden?
Kunz: Die Geschäftsleitung ist gut beraten, wenn sie darüber aufklärt, was die Veränderungen für die Mitarbeiter bedeuten. Denn jeder macht sich Sorgen um seinen Arbeitsplatz: das Vertrauen, die Sicherheit und die Berechenbarkeit fallen weg. Das Unternehmen braucht neue Strukturen und Ziele, um am Markt und im Wettbewerb zu bestehen. Die Geschäftsleitung sollte offen und klar ihre Mitarbeiter darüber informieren, was das alles genau bedeutet. Die Führungskräfte müssen auch informiert werden, nachdem die Geschäftsleitung im Führungskreis die neuen Ziele formuliert hat. Denn die Mitarbeiter fragen ja dann auch ihren Vorgesetzten: „Chef, was bedeutet das jetzt für uns und für mich?“ Dann sollte der Vorgesetzte die Ruhe bewahren und seinen Mitarbeitern sagen, was er weiß und die Situation im Unternehmen und im Team erklären. Zunächst sollten die Informationen in Teambesprechungen vermittelt werden. Und dann empfehle ich, dass die Führungskraft auch mit jedem einzelnen Mitarbeiter unter vier Augen redet.
3.) Bei Veränderungsprozessen kommt es oft zu Widerständen bei den Mitarbeitern. Mit welchen Methoden können Führungskräfte von Ihnen lernen, damit umzugehen?
Die Widerstände sind unterschiedlich. Es gibt viele unterschiedliche Gefühle mit Ängsten und Sorgen. Für einige Mitarbeiter bricht bei tief greifenden Veränderungen mit persönliche Härten eine Welt zusammen, sie können sich dann auch nicht mehr auf ihre Arbeit konzentrieren. Denken Sie zum Beispiel an die Auflösung eines eingespielten Teams, den Wechsel eines beliebten Vorgesetzten oder die Notwendigkeit, an einem anderen Einsatzort tätig zu werden.
Dadurch kommt Unruhe in der Belegschaft auf. Die Führungskräfte tragen Verantwortung, aktiv zu kommunizieren, verständlich zu begründen und zeitnah zu handeln. Die Geschäftsleitung ist gut beraten, schnell zu informieren, auch wenn es sich um schlechte Nachrichten handelt, sollte man diese nicht beschönigen. Die Mitarbeiter sollten die Situation nachvollziehen können. Die Veränderungen können ja auch positiv sein! Zunächst sieht man erst einmal eine bedrohliche Situation mit Sorgen und Ängsten – diese Gefühle muss man akzeptieren.
Das ist vergleichbar mit einem Todesfall in der Familie – man braucht Zeit, um das zu verarbeiten. Diese private und berufliche Trauerarbeit kann man miteinander vergleichen. Es gibt kein Zurück und es braucht Zeit, um das zu akzeptieren. Die Gefahr besteht, dass Führungskräfte oft zu schnell agieren wollen. Bei einschneidenden Veränderungen kann in meinem Seminar diese berufliche Trauerarbeit mit allen Gefühlen ein Schwerpunkt sein. Bei den nächsten Schritten wird mit den Wünschen und Erwartungen gearbeitet. Bei einem Seminar, das zwei Tage dauert, sollte am zweiten Tag ein Vertreter der Geschäftsleitung teilnehmen, um die Chancen der Veränderung zu erklären. Jede Führungskraft sollte auf die Frage: „Wie geht es weiter?“ auch die positiven Aspekte erklären können. Meine Aufgabe als Coach ist es also, den Führungskräften zunächst die Trauer und dann die Chancen klar zu verdeutlichen, um ihnen und den betroffenen Mitarbeitern im Team zu helfen, mit der Situation umzugehen.
4.) Wie wichtig ist der Aufbau eines Veränderungs-Netzwerkes in Unternehmen?
Kunz: Sehr wichtig. In einem Veränderungs-Netzwerk sitzen wichtige Schlüsselpersonen und am besten einzelne Mitarbeiter als Vertreter aus allen Bereichen. Im Idealfall engagieren sich in jedem Team ein bis zwei Personen und haben Kontakt zu den Leitungsteams und dem operativen Team. Sie sind Botschafter neben dem Team und der Abteilungsleitung. Sie kümmern sich intensiv um das Thema und kommunizieren offen darüber. Führungskräfte sind interessengeleitet. Die Change Agents können auch Kritik üben und sagen: „wir haben bis jetzt noch keine Informationen darüber oder wir können die neuen Ziele immer noch nicht umsetzen.“ Je nach Größe des Unternehmens sollten sich maximal 50 bis 60 Veränderungsbegleiter ein bis zwei Mal in der Woche treffen, das kann mehr Sicherheit und Orientierung bringen. Im Idealfall werden die Steuerungsteams an die Teams der Führungskräfte und die Geschäftsleitung angebunden. Die Vorteile der persönlichen Kommunikation über den Stand der Dinge sind, dass die Mitarbeiter erkennen, was auf sie zukommt, die Erklärungen auch von ihren direkten Kollegen erhalten und sich dadurch besser auf die Arbeit konzentrieren können.
5.) Ein Change-Prozess in Unternehmen kann sich über Jahre hinziehen? Wie können die Führungskräfte diese Zeit erfolgreich gestalten?
Kunz: Wie gesagt, kann ein Change-Prozess auch sehr zügig umgesetzt werden. Aber es kann auch sein, dass die Strukturveränderungen nicht erfolgreich umgesetzt werden können. Wenn beispielsweise im Hintergrund ein Gerangel zwischen Aktionären und dem Aufsichtsrat stattfindet und die Anteilseigner den Veränderungen nicht zustimmen – das bekommt der Mitarbeiter in der Regel ja nicht direkt mit. Dann muss die Geschäftsleitung über den Stand der Dinge informieren, auch wenn dieser heißt: „ich kann dazu jetzt noch nichts sagen.“ Die Informationen sollen präzise, ehrlich und rasch weitergegeben werden. Wichtig ist, dass die Geschäftsleitung und die Führungskräfte mit einer Zunge reden, sonst wird die Führungskraft unglaubwürdig. Dann ist das Vertrauen der Mitarbeiter gestört, die Kommunikation gescheitert, die Mitarbeiter glauben gar nichts mehr und suchen sich einen neuen Job. Es dürfen auch keine Versprechen gemacht werden, die man nicht einhalten kann. Es ist fatal, wenn die Sach- und Personalkosten – entgegen früher anderslautender Zusagen – weiterhin gesenkt werden müssen. Das Wesentliche im Change-Prozess sind Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit. Es sollte so kommuniziert werden, dass die betriebliche Notwendigkeit der Umstellungen tatsächlich nachvollzogen werden kann. Und wenn etwas schief gegangen ist, dann sollte die Führungskraft in der Lage sein, die Fehler zuzugeben und Lösungen suchen. Die gewählte Methode der Kommunikation im Veränderungsmanagement ist weniger entscheidend. Es kommt mehr auf Aufrichtigkeit, Verlässlichkeit und Berechenbarkeit an.
6.) Welche Rolle spielt die interne Kommunikation bei dem Thema?
Eck: Derzeit wird in den Unternehmen oft zu wenig Augenmerk bzw. Management Attention auf die interne Kommunikation gelegt. In den meisten größeren Unternehmen gibt es zwar neben dem Vertrieb und dem Marketing inzwischen eine Reihe von Kommunikationsexperten, oft sind sie aber nach außen ausgerichtet und die interne Kommunikation wird zwar verbal als wichtig bezeichnet, aber vernachlässigt. Wenn Sie sich die Budgets anschauen, wird es ganz offensichtlich. Während schon der kleinste Newsletter für Kunden hochwertig produziert wird, kommen Mitarbeitermedien nicht selten wie Schülerzeitungen daher. Das ist verräterisch.
Wer einen Veränderungsprozess möglichst reibungslos umsetzen möchte, der muss Veränderungskommunikation als wesentlichen Bestandteil des gesamten Changeprozesses verstehen. Da setzt sich das Projektteam nicht ganz am Ende hin und bespricht, was nun gesagt wird. Das muss in jedem einzelnen Schritt auf der Agenda stehen. Das heißt nicht, dass bei den allerersten Planungsschritten schon eine große interne Öffentlichkeit aufgerufen wird, Kommentare abzugeben. Aber es muss so rechtzeitig informiert werden, wohin die Reise gehen kann, das weder wilde Gerüchte und in der Folge Ängste, Unsicherheiten oder gar Panik die Belegschaft lähmen können.
eckpunkte ist eine auf Medienmanagement und Corporate Publishing spezialisierte Kommunikationsberatung. Die Agentur fungiert als externe Pressestelle oder Marketingabteilung und unterstützt ihre Kunden bei kommunikativen Aufgaben wie der Planung, Redaktion und Produktion von Newslettern, Magazinen oder Geschäftsberichten.
Der Gründer Wolfgang Eck hat viele Jahre Erfahrung als Pressesprecher, Entwickler, Herausgeber und Chefredakteur von Mitarbeiter- und Kundenpublikationen für Firmen- und Privatkunden mit dem Schwerpunkt Dienstleistungsunternehmen. Und für die Konzeption und Erstellung von Geschäftsberichten, Kunden-, Mitarbeitermagazinen und Kommunikationskonzepten hat er einige Auszeichnungen erhalten. Unter anderem den Deutschen PR-Preis in Gold sowie mehrfach den ARNO – Auszeichnung für richtungsweisende und nachhaltige Oeffentlichkeitsarbeit und war für den PR-Report-Award nominiert.
eckpunkte kümmert sich darum, dass die Themen und Botschaften der Kunden wiederum bei deren Kunden, Aktionären, Mitgliedern oder Mitarbeitern ankommen.
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