Deutschland hatte lange Zeit international die Führung bei der energie- und verkehrspolitischen Neuausrichtung von Wirtschaft und Gesellschaft. Davon können und sollen auch die Unternehmen und Verbraucher in Berlin profitieren. Die Stadt steht wie keine andere in Deutschland in einem Wettbewerb um innovative und smarte Anwendungen. Berlin hat aber auch den Bedarf und die Kompetenzen, entsprechende Lösungen und Produkte zu entwickeln und zu betreiben.
Die Ausgangslage ist einerseits geprägt von Diskussionen um die sogenannten „richtigen Konzepte und Technologien.“ Anderseits hat sich die erforderliche Gestaltung einer Energiewende in urbanen Strukturen ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt:
-Bis zum Jahr 2050 soll Berlin „klimaneutral“ sein, d.h. die Emissionen sollen bis dahin um mindestens 85 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 reduziert werden.
-Der Verkehrssektor ist mit ca. 4,8 Mio. t CO2 für rd. 23 % der Emissionen des Jahres 2010 im Land Berlin verantwortlich. Der Verkehrssektor kann und muss also konsequenterweise einen signifikanten Beitrag zur Reduktion des Endenergieverbrauchs und der CO2-Emissionen bis 2050 leisten! Er stellt damit eine wichtige Säule des Klimaneutralitätsziels dar.
Entsprechend soll und wird in Berlin sowie an vielen anderen Orten in Deutschland, ja global die Elektromobilität massiv vorangetrieben. Berlin war „Schaufenster“ der Elektromobilität. Jedoch kommt die Nutzung von „e-Fahrzeugen“ – sei es in privater Hand als auch beim städtischen Fuhrpark – schleppend voran. Busse und Nutzfahrzeuge stehen – dies belegen zahlreiche aktuelle Ausschreibungen in deutschen Kommunen – nur in einem begrenzten Maße zur Verfügung, vielfach ist die Technik noch nicht ausgereift. Trotzdem stehen PKW und Kleintransporter vor allem für den Individualverkehr zunehmend zur Verfügung, entstehen stetig mehr attraktive E-Carsharing-Angebote in Kooperation beispielsweise mit der Wohnungswirtschaft. Der Aufbau von zwingend notwendiger intelligenter Ladeinfrastruktur kommt aber recht langsam voran. Zudem stehen perspektivisch öffentliche Parkflächen nur begrenzt zur Verfügung.
Alternative Antriebssysteme müssen im Ergebnis in ihrer Effizienz stetig verbessert werden. Die Dekarbonisierung des Verkehrs kommt auch durch den Einsatz alternativer Kraftstoffe, wie Wasserstoff, Fahrstrom oder Methanol voran, insbesondere wenn dazu erneuerbare Energien gespeist werden. Die Emissionsvorteile von CNG Erdgas, Biogas aus Bioabfall, einem Strommix sowie aus 100% Erneuerbaren Energie/Strom gegenüber Benzin und Diesel, sind schon heute bemerkenswert und je nach Fahrzeuggröße und -typ erheblich. Hier etabliert sich immer mehr der Begriff der „Eco-Mobilität“ als alternative Antriebsformen jenseits von Diesel und Benzin.
Die Verwendung beispielsweise von Erdgas als alternative Antriebsform ist die sofort verfügbare, technisch ausgereifte Brückentechnologie vor allem für den ÖPNV. Die entsprechende Infrastruktur ist mit über 800 Tankstellen in Deutschland flächendeckend gut vorhanden. In Kombination mit lokalen Kläranlagen ist ein geschlossener CO2-Kreislauf umsetzbar. Für große Nutzfahrzeuge ist der Gasantrieb derzeit noch die einzig sinnvolle alternative wirtschaftliche Lösung. Die Umstellung z.B. der städtischen Fahrzeugflotte auf Gas beschleunigt und erhöht die CO2-Einsparung bis Ende der 2020er Jahre im Mobilitätssektor signifikant.
Der Kopf ist rund, damit die Gedanken ihre Richtung ändern können (Francis Picabia 1879-1953)
Hervorzuheben ist: Elektromobilität und Erdgas soll(t)en – ebenso wie andere alternativen Antriebsformen – nicht ideologisch gegeneinander, sondern zusammen gedacht – und entsprechend ihrer Möglichkeiten – eingesetzt werden. Technologien sinnvoll miteinander kombiniert, ermöglichen eine nachhaltige und kostengünstige urbane Mobilitätsstrategie.
Zum Beispiel kann der Gasantrieb den Zeitraum, in dem marktreife und lieferbare E-Busse nur eingeschränkt am Markt zur Verfügung stehen, die Rolle einer sinnvollen und praxiserprobten Brückentechnologie einnehmen und so signifikante Einsparungen an CO2, Stickoxiden und Feinstaub ermöglichen. Hierbei kann der Aufbau einer einheitlichen Infrastruktur sowohl für Elektromobilität und Gasantrieb Zukunfts- und Investitionssicherheit generieren. Denn die für den Betrieb der Kompressoren der Gasinfrastruktur notwenige elektrische Leistung kann später für die Ladesäulen der E-Fahrzeuge genutzt werden.
Und richtig ist auch, dass ein Systemwechsel Anfang der 2030er Jahre geboten ist, da kein CO2- Reduktionspotenzial für Erdgas mehr vorhanden sein wird.
Die Reduktionszahlen belegen es eindrucksvoll: Erdgasmobilität hat das Potenzial, wesentlich schneller einen signifikanten Beitrag zu den aktuellen Herausforderungen zur Luftreinhaltung zu leisten. Denn Erdgasfahrzeuge produzieren rd. 21 % weniger CO2 als Dieselfahrzeuge, bei der Verwendung von Klärgas sind es gar 97 % Reduktion. Die CO2-Vermeidungskosten sind negativ. D.h., der Einsatz ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll. Die Feinstaub- und Stickoxidbelastung sinkt ebenfalls im erheblichen Maße, nämlich um 99 bzw. 90 % gegenüber Dieselfahrzeugen. Aktuell nehmen über 100.000 erdgasbetriebenen Pkw´s und rund 10.000 Lkw´s am Straßenverkehr teil.
Abbildung: CO2-Reduktonskurven – Variante E-Mobilität (rot) und Erdgas (blau)
Die Energiewende ist ein Prozess aufgrund eines ehrgeizigen Gesamtziels. Die Umsetzung erfolgt dezentral und anlassbezogen. Vor allen aber durch vielfältiges Engagement und dieses kann nur durch Technologieoffenheit volle Wirkung entfalten.
Vor dem Hintergrund der Situation der Stadt ist die Fokussierung auf kosteneffiziente und praktikable Maßnahmen auf Basis objektiver Potenzialanalysen geboten und maßgeblich für die Realisierung der CO2-Einsparziele. Bei einer stringenten Orientierung an der Zielgröße CO2 und der Sicherstellung von Technologieoffenheit, können die Maßnahmen in Wettbewerb zueinander treten und die klimapolitischen Ziele kosteneffizient und zeitgerecht erfüllt werden.
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