Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen, und Maximilian Renger, wissenschaftlicher Mitarbeiter.
Zunehmende Eigenbedarfskündigungen: Wie schon bereits mehrfach an verschiedener Stelle angemahnt, nimmt die Zahl an Eigenbedarfskündigungen von Vermietern immer weiter zu. Das gilt besonders in Ballungszentren, in denen der Wohnraum knapp ist. Vermieter nutzen hier die bisher ohnehin schon günstigen Möglichkeiten zur Eigenbedarfskündigung und können so Mieter loswerden, die aufgrund einer langen Vertragslaufzeit zu besonders günstiger Miete wohnen. Anschließend kann dann zu einer höheren Miete neu vermietet werden. Diese für Mieter ungünstige Lage wird nun durch eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) noch einmal erheblich verschlechtert.
Aktuelle Entscheidung des BGH: In einem aktuellen Urteil (Urteil vom 14. Dezember 2016 – VIII ZR 232/15) zum Thema Eigenbedarfskündigung hat sich der BGH zum einen zu den Kündigungsmöglichkeiten einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) geäußert und ist zum anderen zum Nachteil von Mietern von seiner bisherigen Rechtsprechung zu dem Thema abgewichen. Bisher liegt nur eine Pressemitteilung zu der Entscheidung vor. Aus der gehen aber bereits die erheblichen Ausweitungen zugunsten von Vermietern hervor.
Der Fall: In dem entschiedenen Fall ging es um eine Mieterin, die seit 1985 eine Wohnung in München angemietet hatte. Im Jahre 1991 hatte dann eine GbR das gesamte Grundstück inklusive des Mietshauses erworben und ab 1994 begonnen, alle Wohnungen mit Ausnahme der von der Mieterin bewohnten Räume zu sanieren. Im September 2013 kündigte die GbR dann den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs für die Tochter eines der Gesellschafter. Mit ihrer Räumungsklage war die GbR in den Vorinstanzen noch gescheitert.
BGH bestätigt Möglichkeit der GbR zur Eigenbedarfskündigung: Zunächst hat der BGH klargestellt, dass auch eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts die Möglichkeit zur Kündigung hat, wenn bei einem ihrer Gesellschafter oder dessen Angehörigen Eigenbedarf besteht. Das war nicht selbstverständlich, da der BGH die GbR seit 2001 für teilrechtsfähig hält, mit der Folge, dass die GbR selbst Vertragspartei eines Mietvertrages ist. Dass eine rechtsfähige Gesellschaft Eigenbedarf anmelden kann, hielt das Landgericht München in der Vorinstanz im Hinblick auf die GbR noch für ein „erhöhtes, schwerer überschaubares Risiko“ für Mieter.
Verletzung der Anbietpflicht führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung: Darüber hinaus hat der BGH in dem Punkt der Anbietpflicht gar seine bisherige Rechtsprechung geändert – auch das zu Lasten von Mietern. Die Anbietpflicht besagt, dass der Vermieter dem Mieter im Falle der Eigenbedarfskündigung eine andere, ihm während der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende Wohnung zur Anmietung anzubieten hat, sofern diese sich im selben Haus oder derselben Wohnanlage befindet. Im vorliegenden Fall war tatsächlich eine Wohnung im Haus frei, die die GbR der Mieterin jedoch nicht angeboten hatte. Diese Pflichtverletzung, so der BGH, führe nun allerdings nicht mehr zu einer Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung. Der Mieter könne lediglich Schadensersatzansprüche geltend machen und dadurch etwaige Schäden, wie z. B. Umzugs- und Maklerkosten, ersetzt verlangen.
Fazit: Mit seinem Urteil hat der BGH Vermietern den Ausspruch von Eigenbedarfskündigungen erheblich erleichtert. Vor dem Hintergrund, dass eine nicht unerhebliche Zahl an Eigenbedarfskündigungen in der Praxis vorgeschoben sein dürfte, bietet sich dadurch nun zusätzliches Missbrauchspotential. Speziell in Großstädten mit angespanntem Wohnungsmarkt (München, Berlin etc.) ist das für Mieter besonders ärgerlich.
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15.12.2016
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