Gefahren bei Wechsel in eine neue private Krankenversicherung

Der Wechsel in eine neue private Krankenversicherung (PKV) birgt Risiken und hat immer einen Gewinner: Den Agenten bzw. den Makler.

Gefahren bei Wechsel in eine neue private Krankenversicherung

Fachanwalt für Versicherungsrecht – Georg Willi

1. Hintergrund:

Der Wechsel in eine neue private Krankenversicherung (PKV) birgt Risiken und hat immer einen Gewinner: Den Agenten bzw. den Makler.

„Sehr viel Geld für eine Unterschrift“ (Artikelüberschrift im Stern)

„Bei einer durchschnittlichen Monatsprämie für eine private Krankenpolice von 380,00 EUR steckt der Vermittler 5.700,00 EUR Provision ein. Mit Sonderzahlungen, wie sie zurzeit von AXA und ARAG draufgelegt werden, sind es sogar 6.500,00 EUR.“ (Quelle Stern Heft 46/2010)

2. Tarifvergleich:

Als Argument für einen Wechsel wird gerne ins Spiel gebracht, dass der neue Versicherer preisgünstig sei oder mehr und bessere Leistungen hat.

Ob dies wirklich zutrifft, bzw. welche Vorteile und Nachteile dies hat, ist in der Regel nur nach einem komplizierten Vergleich des alten Tarifs mit dem neuen festzustellen.

Dabei besteht die besondere Schwierigkeit darin, dass der eine Tarif eine Leistung gewährt, die im anderen gänzlich fehlt und umgekehrt, weshalb oft Birnen mit Äpfeln verglichen werden müssen.

3. Tipps für das Beratungsgespräch:

Beim Beratungsgespräch zum Versicherungswechsel sollte unbedingt immer darauf geachtet werden, dass Zeugen hinzugezogen werden.
Kein vom Vermittler vorformuliertes Protokoll unterschrieben wird, sondern darauf bestanden werden, dass gemachte Zusagen z. B. „der neue Tarif bietet (wesentlich) bessere oder zusätzliche Leistungen und ist in einer Gesamtschau wesentlich besser, als der alte“ auch genauso, wie es besprochen wurde, ins Protokoll aufgenommen wird (und natürlich muss man sich das Protokoll aushändigen lassen!)

Notwendig ist schlicht und ergreifend all das aus folgendem Umstand: Würde ein wildfremder Vermittler Sie zum Wechsel überreden wollen, wären Sie mutmaßlich sehr kritisch. Kennt man den Vermittler vom Sportverein her oder weil es ein Bekannter ist, verlieren viele sofort wieder ihre gesunde Skepsis. Die Hemmschwelle, alles zu glauben, ist da schnell herabgesetzt.

Wichtig ist auch: Macht ein Agent (wenn beweisbar) Versprechen, die so nicht zutreffen, muss unter Umständen die Gesellschaft dafür einstehen. Anders beim Makler: Dann kann in der Regel nur der Makler auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn man denn die Falschberatung beweisen kann.

4. Altersrückstellung:

Die Altersrückstellungen in der PKV haben die Aufgabe, ein „finanzielles Polster“ anzusparen, damit man als Rentner/Pensionär seine Versicherungsprämie noch bezahlen kann.

Hierzu muss man wissen, dass Neuversicherte seit 2000 einen zusätzlichen Zuschlag von 10% auf ihren Beitrag zahlen müssen. (Bei Altverträgen kann dieser freiwillig gezahlt werden). Der, der vom 22. Lebensjahr bis zum 61. Lebensjahr diesen Betrag zahlt, erlangt damit ein nicht geringes Polster). Die dadurch angesparten Mittel werden verzinslich angelegt, ohne dass ein Abzug für Kosten vorgenommen wird. Dieses Polster wird verwendet, um Beitragserhöhungen nach Vollendung des 65. Lebensjahres abzufangen.

Mit Vollendung des 60. Lebensjahres muss man den 10% Zuschlag bereits nicht mehr zahlen und Beitragserhöhungen werden durch die Altersrückstellung abgefangen.

Einzelheiten hängen vom gewählten Tarif ab.

Grundsätzlich verliert man aber diese Altersrückstellungen, wenn man von der bestehenden Krankenversicherungsgesellschaft zu einer anderen Kranken-versicherungsgesellschaft wechselt.

Es ist also gerade demjenigen, der sich schon lange in einem Altvertrag befindet, meistens schon allein aus diesem Grund von einem Wechsel abzuraten.

Selbst bei bloßem Wechsel von einem Tarif des Altversicherers zu einem anderen Tarif des Altversicherers können diese Altersrückstellungen unter gewissen Umständen verloren gehen.

5. Was tun, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist?

In einem Urteil hat das Oberlandesgericht München für den Fall der Abwerbung eines bereits privat Krankenversicherten eine fehlerhafte Beratung des Vermittlers angenommen, wenn der Versicherungsnehmer durch den Wechsel zwar geringere Beiträge zahlt, der Deckungsumfang bei der neuen Versicherung aber erheblich geringer ist als bisher und der Versicherungsnehmer seine langjährige Altersrückstellungen verloren hat (Oberlandesgericht München, VersR 2012, 1292).

Also Vorsicht wenn „der Vermittler zweimal klingelt.“

Rechtsanwalt Georg Willi

Fachanwalt für Versicherungsrecht

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