Die fränkische Feuerwehr Kahl am Main führt den etablierten Test als erste Feuerwehr in der neuen Onlineversion durch.
Angesichts demografischen Wandels und vermeintlichem Mitgliedermangels sind diese Fragen ganz erheblich: Wie steht es um eine ganz konkrete Feuerwehr? Wie fühlen sich die Mitglieder, wie fit sind die Führungskräfte? Gibt es Abwanderungstendenzen? Und: Ist die Feuerwehr zukunftsfähig? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der „Lumdataltest“. Hierbei handelt es sich um einen sozialwissenschaftlichen Test, der seit 2009 bei mehr als 30 Feuerwehren in ganz Deutschland durchgeführt wurde und innerhalb weniger Wochen ein belastbares Bild über den Zustand einer Feuerwehr widerspiegelt. Hierdurch ist der Test hartes strategisches Planungswerkzeug für Leiter von Feuerwehren und Bürgermeister. Der Test gewährleistet dabei alle statistischen Gütekriterien, also Validität, Reliabilität und Objektivität. Hiermit unterscheidet er sich von einer Vielzahl von in Umlauf befindlichen Umfragen im Feuerwehrumfeld. Der Name des Test resultiert aus der Region, in dem er 2009 zum ersten Mal durchgeführt wurde: Dem mittelhessischen Lumda-Tal zwischen Gießen und Marburg.
Der Lumdataltest wird in der Regel durch den Leiter der Feuerwehr und den Bürgermeister der jeweiligen Kommune beauftragt, teilweise auch auf Anraten der Brandschutzaufsicht. Motiv ist es meistens, in konkreten Fragestellungen ein diffuses Bauchgefühl durch harte sozialwissenschaftliche Fakten – und am Ende Zahlen – zu ersetzen. Hierbei sind die Beweggründe ganz unterschiedlich: „Mal geht es um die Frage, an welcher Stelle die Führung unterstützt werden muss, mal um die Frage, ob die Zusammenlegung von Ortsteilfeuerwehren auf der sozialen Ebene funktionieren kann und mitgetragen wird, manchmal um die Frage, wo aus Marketingsicht Potential für die Mitgliederwerbung ist“ weiß Jonas Wogenstahl, der bei der FeuerwehrAgentur derzeit die Digitalisierung der Befragung vorantreibt. Die Umfrage, die bisher ein sogenannter „paper – pencil Test“, also ein klassischer Fragebogen war, wird nun erstmalig als Onlinetest durchgeführt. Bislang wurde aus methodischen Gründen darauf verzichtet, weil in der Vergangenheit bestimmte Gruppen in der Feuerwehr wenig oder gar nicht im Internet aktiv waren. Das ist mittlerweile anders. „Onlineumfragen funktionieren in Feuerwehren, in denen praktisch jeder unmittelbaren oder zumindest mittelbaren Zugang zum Internet hat. Das prüfen wir vorher und orientieren uns an der geübten Praxis in der jeweiligen Feuerwehr, z.B. ob der interne Schriftverkehr oder die Dienstplanung auch ganz oder überwiegend online stattfindet. Aber das ist von Feuerwehr zu Feuerwehr unterschiedlich.“ so Wogenstahl weiter. Alternativ werde auch weiterhin der klassische Paper-Pencil-Test angeboten.
Die erste Feuerwehr, die die „neue“ Befragung durchführt, ist die Freiwillige Feuerwehr Kahl am Main. Deren Chef Florian Ritter will wissen, wo seine Feuerwehr steht und wohin die Reise in den kommenden Jahren geht. Der Bürgermeister und die Brandschutzaufsicht begrüßen dieses Projekt, das nun erstmalig in Bayern stattfindet. Durch die neue Onlineversion ist es leichter möglich, individuelle Fragen mit einfließen zu lassen. Außerdem entfällt die Transkription, also die Übertragung von den Fragebögen in eine Statistiksoftware. Hierdurch reduziert sich ebenfalls der Preis für die Durchführung.
Entwickelt hat den Lumdataltest ein Team aus Sozialwissenschaftlern und Statistikern. Sie sind für die FeuerwehrAgentur tätig, einer Kommunikationsagentur, die sich auf die Belange von freiwilligen Feuerwehren, Berufsfeuerwehren und Brandschutzaufsichtsdiensten spezialisiert hat. Neben Moderationen und Mediationen, Kommunikationstrainings und speziellen Werbekampagnen untersucht die FeuerwehrAgentur regelmäßig mit sozialwissenschaftlichen Instrumenten bestimmte Fragestellungen. Derzeit werden im Rahmen einer Leitbildentwicklung einer Rettungsleitstelle fast 1500 Kommunikationspartner dieser Leitstelle befragt, in einem anderen aktuellen Projekt wird die Belastungssituation von ehrenamtlichen Leitern von Feuerwehren aus drei Landkreisen gemessen und verglichen.
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