LINDNER-Interview für die „Hessische Niedersächsische Allgemeine (05.07.2011)

Berlin (pressrelations) –

LINDNER-Interview für die „Hessische Niedersächsische Allgemeine“ (05.07.2011)

Berlin. FDP-Generalsekretär CHRISTIAN LINDNER gab der „Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen“ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte KRISTIN DOWE:

Frage: Herr Lindner, wie sind Steuersenkungen angesichts wachsender Staatsverschuldung zu finanzieren?

LINDNER: Der Abbau der Neuverschuldung des Staates und die Entlastung der Mittelschicht sind kein Widerspruch. Nur wenn wir eine wachsende Volkswirtschaft haben, sind wir in der Lage, unsere Staatstätigkeit mit immer weniger Schulden zu finanzieren. Diese Entlastung ist somit eine Investition in zukünftiges Wachstum, in die Konjunktur.

Frage: Die Opposition wirft Ihnen vor, mit Ihrem Vorstoß vor allem die Besserverdiener zu entlasten. Mit Recht?

LINDNER: Wir haben das klare Ziel, gerade kleine und mittlere Einkommen zu entlasten. Das sind jene Menschen, die gegenwärtig von der kalten Progression betroffen sind. Beispielsweise haben die Menschen in der Metall- und Elektroindustrie in diesem April 2,7 Prozent mehr Lohn bekommen, aber nur 46 Cent von jedem zusätzlichen Euro bleiben im eigenen Portmonee. Das muss doch gerade für Sozialdemokraten, die sich als eine Arbeitnehmerpartei begreifen, ein Weckruf sein. Hier geht es um Gerechtigkeit und um einen Aufschwung, von dem alle profitieren.

Frage: Die Reform war bereits 2009 im Koalitionsvertrag festgelegt. Ausgerechnet im Wahljahr 2013 sollen die Pläne nun umgesetzt werden. Ein Selbstrettungsversuch der FDP?

LINDNER: Nein, denn davon profitieren nicht Politiker sondern die Menschen mit einem Einkommen von unter 3500 Euro brutto, also die Mittelschicht in Deutschland. Und es ist blanker Unfug, wenn die Grünen das als „Eliteprojekt“ diffamieren wollen. Wo leben die denn! Wir haben zum 1. Januar 2010 einen ersten Entlastungsschritt gemacht, unter anderem auch das Kindergeld erhöht und uns um Maßnahmen zur Steuervereinfachung bemüht. Es ist nur folgerichtig, dass der angestiegene Teil der zusätzlichen Steuereinnahmen des Staates, der momentan bei 10 Prozent liegt, jetzt für eine Entlastung der Mittelschicht genutzt wird.

Frage: Bundesfinanzminister Schäuble verlangt konkrete Sparvorschläge der FDP, wenn er der Steuerreform zustimmen soll. Wie könnten diese aussehen?

LINDNER: Wir bringen ja jetzt einen Haushaltsentwurf für 2012 ein, der am Mittwoch im Kabinett beschlossen wird. Darin drücken wir die Neuverschuldung auf unter 30 Milliarden. Damit sind wir viel schneller, als die Schuldenbremse es eigentlich erforderlich machen würde. Das zeigt, dass diese Koalition schneller aus den Schulden herauskommen kann als bislang geplant. Wenn wir unsere bisherige Haushaltsdisziplin beibehalten und die zusätzlichen Steuereinnahmen des Staates nicht für neue Aufgaben verpulvern, sondern sie für Entschuldung und Entlastung reservieren, dann sind die Ziele erreichbar.

Frage: Herr Schäuble ist bei den Steuerplänen der FDP immer wieder auf die Bremse getreten. Wie ist die Chemie zwischen dem Bundesfinanzminister und der FDP zu beschreiben?

LINDNER: Der Bundesfinanzminister hat eine besondere Rolle, das hat gar nichts mit der FDP zu tun. Er hat die wesentliche Aufgabe, auf die Konsolidierung zu achten. Das ist ja auch ein Anliegen der FDP. Das erklärt sich nicht aus einer parteipolitischen, sondern einer fachpolitischen Positionierung. Wenn er zusätzliche Unterstützung bei Sparmaßnahmen braucht, haben wir die Courage dazu.

Frage: Was macht Sie optimistisch, dass sich die aktuell positive wirtschaftliche Lage die nächsten Jahre anhalten wird?

LINDNER: Sie hält nur dann an, wenn wir die Voraussetzungen dafür schaffen. Wenn wir der konsumstarken Mittelschicht Kaufkraft entziehen, dann wird die Binnenkonjunktur in den kommenden Jahren nicht so gut laufen wie bisher. Wenn der Staat von dieser Gruppe Geld für seine Umverteilungssysteme nimmt, dann fehlt das Geld der Mittelschicht, um die Binnenkonjunktur anzuschieben. Wachstum braucht Rahmenbedingungen. Das geht am besten, indem man den Menschen auch die Mittel dazu in der Tasche lässt, die sie selber sauer verdient haben.

Frage: Sigmar Gabriel, hat der FDP vorgeworfen, dass die Steuersenkungspläne verfassungswidrig seien und in Konflikt der Schuldenbremse stünden.

LINDNER: Herr Gabriel ist ein schlechter Sparkommissar. Zum Thema Verfassungswidrigkeit sollte er sich am besten mit seinen Freunden in Nordrhein-Westfalen zusammensetzen. Die haben einen verfassungswidrigen Haushalt vorgelegt, der in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einmalig ist. Bevor er vollzogen wurde, musste dieser bereits vom Verfassungsgericht verworfen werden – das gab es noch nie. Wir dagegen als Koalition in Berlin machen nach dem jetzigen Plan bis 2013 80 Milliarden Euro weniger Schulden als der Sozialdemokrat Peer Steinbrück als Finanzminister noch geplant hat. Ich sage Ihnen voraus, dass wir diese 80 Milliarden weiter unterbieten und noch stärker einsparen werden.

Frage: Welchen Plan B hat die FDP, wenn sich für die Steuersenkungspläne keine Mehrheit im Bundesrat findet?

LINDNER: Jetzt wollen wir erstmal ein Modell vorlegen. Wir werden ja sehen, ob es nicht doch ein Einlenken der Opposition gibt. Andernfalls werden die Sozialdemokraten beantworten müssen, warum sie Normalverdienern wie dem Facharbeiter, der Krankenschwester oder dem Pförtner einen fairen Anteil am Aufschwung verweigern. Es geht darum, Steuererhöhungen als Folge der kalten Progression für diese hart arbeitenden Menschen zu verhindern.

Frage: Der Sparzwang ist auch in den Kommunen ein Thema. Wie erklären Sie einem Kämmerer, dass er ab 2013 den Rotstift noch stärker ansetzen soll als bisher?

LINDNER: Das muss er nicht. Die Koalition hat ja beschlossen, dass der Bund künftig die Grundsicherungsleistungen im Alter übernimmt. Dadurch erhalten die Kommunen allein bis 2015 einen Betrag von 12 Milliarden Euro. Die Kommunen werden von dieser Koalition also besser gestellt.

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