Mit der Zeit gehen und trotzdem den Markenkern behalten: Klassische Musik hat Zukunft
Kann sich klassische Musik in der Konkurrenz vieler Musikfarben behaupten, stirbt die Anhängerschaft klassischer Musik im Radio aus? Musik-Experten waren bei einer Podiumsdiskussion von WDR 3 zum Thema „Der Letzte stellt den Ton ab? – Klassische Musik im Radio“ überzeugt, dass klassische Musik im Allgemeinen und im Radio im Besonderen eine Zukunft haben, wenn man bestimmte Hemmnisse ausschließt und sich für neue Wege öffnet.
Dass der Markt für klassische Musik vorhanden ist, war für den Kölner Dirigenten und Generalmusikdirektor Markus Stenz unzweifelhaft. „Klassische Musik ist eine robuste Kunstform, die die Fähigkeit besitzt, Menschen zu elektrisieren. Die gibt es auch noch in 200 Jahren“, war ihm vor der Zukunft nicht bange. Wichtig sei, dass die Botschaft klassischer Musik, trotz aller Notwendigkeit der Öffnung, nicht verwässert werde. „Diese Musik wird ihr Publikum haben, indem sie zu sich selbst steht.“ Junge Menschen mit Klassik zu konfrontieren bringe nicht selten überraschende Ergebnisse – Widerstände würden auf diese Weise abgebaut.
Demgegenüber warnte Dr. Holger Noltze, Professor für Musik und Medien an der TU Dortmund, davor, die derzeitige Situation zu unterschätzen. „Die Lage ist ernst und wir müssen uns anstrengen. Offenbar steht der lange Zeit gültige Kulturkonsens nicht mehr stabil in der Welt. Orchester und Radio sollten reagieren, sich öffnen, aber auch damit ist das Spiel noch nicht gewonnen“, so Noltze. Klassische Musik im Radio müsse mutiger sein, gewohnte Pfade verlassen und neue Formen der Genre übergreifenden Musik ausprobieren. „Vielfalt bringt Reichtum“, glaubte der Musikforscher. Vor allem aber müsse klassische Musik auch neue gesellschaftliche Gruppen erfassen, sich aus einer Klammer der Bürgerlichkeit befreien. „Dünkel wäre das Allerschlimmste für klassische Musik.“
Werner Wittersheim, Leiter der Klassischen Musik bei WDR 3, erinnerte daran, dass viele Menschen auch diese Musikfarbe im Hintergrund, neben anderen Tätigkeiten zuhause konsumierten und sich das Radio dem anzupassen habe. „Radio funktioniert nicht mehr so, dass wir den Menschen mit erhobenem Zeigefinger sagen: Wir sind die geistige Mucki-Bude.“ Dass die frühe Prägung junger Menschen die Liebe zur Musik fördere, war die Kernaussage von Professor Udo Dahmen, Vizepräsident des Deutschen Musikrates und Künstlerischer Direktor der Popakademie Baden-Württemberg. „An den Schulen wird viel zu wenig musiziert. Nichts wirkt stärker auf junge Menschen, als die eigene, über das Instrument definierte Leidenschaft für Musik.“ Susanne Keuchel vom Zentrum für Kulturforschung in Bonn stellte schließlich klar: „Wir müssen klassische Musik weiterentwickeln und in die Mitte der Gesellschaft hineinbringen.“
Die Podiumsdiskussion fand am Donnerstag, den 21. März 2013 im WDR-Funkhaus in Köln statt. „WDR=Kultur=Gut“ heißt die Reihe, in der WDR 3 öffentlich über Kultur im Radio diskutiert – auf dem Podium, mit Publikum und auch online via Gästebuch. Veranstaltungen in Duisburg und Bochum im vergangenen Jahr beschäftigen sich mit der Zukunft des Kulturradios, insbesondere mit Blick auf die jüngeren Hörerinnen und Hörer.
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