Kernforderungen zur Bundestagswahl 2013
Kernforderungen des NABU für die Umwelt- und Naturschutzpolitik in der nächsten Legislaturperiode des Deutschen Bundestags
1. Biologische Vielfalt wirksam schützen
Das Ziel, den Verlust der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 zu stoppen, ist klar gescheitert und durch die europäischen Staats- und Regierungschefs auf 2020 verschoben worden. Um dieses Ziel nun tatsächlich erreichen zu können, muss das Bundesprogramm Biologische Vielfalt finanziell gestärkt und bis zum Jahr 2016 auf ein Volumen von 100 Millionen Euro aufgestockt werden. Das Programm ist zudem so zu entwickeln, dass die relevanten Akteure bei der Umsetzung prioritärer und besonders dringlicher Naturschutzauf-gaben wirksam unterstützt werden können.
Weiterhin sind die verfassungsrechtlichen Grundlagen zu schaffen, um über die Entwicklung einer Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern den Erhalt und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu ermöglichen. Spätestens nach der Hälfte der Legislaturperiode soll so ein Beitrag zur Finanzierung von Naturschutzaufgaben von übergeordneter bundesweiter Bedeutung geleistet werden.
Wesentlich für die Zielerreichung bis 2020 sind auch Flächen, die ausschließlich und dauerhaft für Natur-schutzzwecke zur Verfügung stehen. Daher sind weitere 30.000 Hektar im Bundesbesitz eigentumsrechtlich dauerhaft als Nationales Naturerbe zu sichern. Ergänzend muss vom Bund für die Betreuung und Entwicklung der Naturerbeflächen ein langfristig verlässliches
Finanzierungsinstrument geschaffen und ausreichend dotiert werden.
2. Energiewende natur- und klimaverträglich umsetzen
Die Ausgestaltung der Energiewende muss im Einklang mit den klimapolitischen Erfordernissen erfolgen, ohne die Ziele des Natur- und Artenschutzes zu unterlaufen oder Schutzgebiete zu gefährden bzw. zu entwerten.
Dafür muss auf Bundesebene eine Transfer- und Clearing-Stelle eingerichtet werden, um bei Konflikten beim Ausbau erneuerbarer Energien oder von Speicher- und Netzinfrastrukturen die Erreichung der Zielvorgaben aus der Nationalen Strategie zur biologi-schen Vielfalt nicht zu gefährden. Hier sollte auch das erforderliche Naturschutzmonitoring der Auswirkungen der Energiewende angesiedelt werden.
Die neue Bundesregierung muss die verstärkte Koordination der Bundesländer bei der räumlichen und zeitlichen Steuerung vor allem des weiteren Ausbaus der erneuerbaren Energien sowie der erforderlichen Netz- und Speicherinfrastrukturen forcieren.
Für die Entwicklung von energiewirtschaftlichen Fachkonzepten sind Standarduntersuchungskonzepte auch für die ökologischen Auswirkungen und die (möglichst kartographische) Aufarbeitung der wichtigsten Natur-schutzrestriktionen und Raumsensibilitäten vorzugeben.
3. Natürliche Gewässerentwicklung fördern
Nur ein Drittel der ursprünglichen Flussauen in Deutschland ist als natürlicher Überflutungsraum erhalten, lediglich ein Zehntel der rezenten Auen in einem naturnahen Zustand. Die Zielsetzung der euro-päischen Wasserrahmenrichtlinie eines guten Zustands der Gewässer bis 2015 wird in Deutschland weitgehend verfehlt werden.
Für die weitere Vernetzung isolierter aquatischer Lebensräume und zur Förderung einer natürlichen Gewässerentwicklung fordert der NABU die Überprüfung aller Bundeswasserstraßen auf ihre volkwirtschaftliche Effizienz und Umweltverträglichkeit. Ineffiziente Bundeswasserstraßen sollen bis 2015 umgewidmet und ihre Renaturierung im Rahmen eines Bundesprogramms „Blaues Band“ in der Zuständigkeit der Bundeswasserstraßenverwaltung umgesetzt werden. Die deutschen Bundeswasserstraßen sind für wandernde Fischarten bis spätestens 2020 vollständig durchgängig zu gestalten.
4. Öffentlichkeitsbeteiligung verbessern und ausweiten
Die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der letz-ten Jahre (z. B. um Stuttgart 21, Flughäfen oder neue Höchstspannungs-Freileitungen) erfordern eine generelle Anpassung der Informationspraxis und Partizipa-tionsmöglichkeiten in Deutschland.
Zumindest bei komplexen Infrastrukturvorhaben ist eine Bedarfsprüfung bzw. die „ob-Frage“ zum Gegenstand einer obligatorischen Parlamentsentscheidung zu machen, um die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern. Nach Abschluss einer umfassenden Alternativenprüfung z. B. in einem Raumordnungsverfahren wird die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens damit künftig an eine Parlamentsentscheidung gebunden.
Zudem bedarf es der (Wieder-) Einführung einer strikten zeitlichen Befristung für die Gültigkeit der Ergebnisse des Planfeststellungsverfahrens. Wird nicht innerhalb von drei Jahren nach Veröffentlichung eines Planfeststellungsbeschlusses mit der Umsetzung des Projektes begonnen, verliert der Planfeststellungsbeschluss seine Gültigkeit. So soll sichergestellt werden, dass sich die Rahmenbedingungen, die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegen, nicht aufgrund mehrjähriger Planungs- bzw. Umsetzungspausen deutlich verändert haben und so die Akzeptanz in der Bevölkerung verlieren.
5. Neue Strategie für die energetische Gebäudesanierung entwickeln
Für das Gelingen der Energiewende kommen neben dem Ersatz fossiler Rohstoffe vor allem der Reduzierung des Energiebedarfs und einem effizienteren Umgang mit Energie hohe Bedeutung zu. Die energetische Modernisierung des Gebäudebestands nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein.
Für eine erfolgreiche Reduzierung des Energiebedarfs braucht es eine möglichst dauerhafte Planungs- und Investitionssicherheit für die energetische Gebäudesanierung durch Verknüpfung von langfristig verbindlichen, ordnungsrechtlichen Vorgaben mit einem neuen System wirtschaftlicher Anreize. Dieses sollte in der nächsten Legislaturperiode beschlossen und bis spätestens 2020 in Kraft treten. In der Summe der Einzelmaßnahmen über die verschiedenen Segmente des Gebäudesektors hinweg ist das Ziel eines klimaneutra-len Bestandes in 2050 zu erreichen.
Fünf Bausteine können dazu schrittweise und einzeln eingeführt werden, ergeben aber erst im Zusammen-spiel ein konsequentes Anreizsystem: Es initiiert für Hauseigentümer und Investoren eine Beratungsoffensive und schafft mehr Transparenz bei der Bewertung von Gebäuden, setzt klare marktwirtschaftliche Anreize statt eines Sanierungszwangs und gestaltet ein sozial gerechteres und wirtschaftlich sinnvolles Förderregime.
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