Steuervereinfachungsgesetz weckt falsche Erwartungen

Berlin (pressrelations) –

Steuervereinfachungsgesetz weckt falsche Erwartungen

Zur zweiten/dritten Lesung des Steuervereinfachungsgesetzes im Bundestag erklaert der stellvertretende finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Lothar Binding:

Das Steuervereinfachungsgesetz wurde heute vom Bundestag mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen im wesentlichen unveraendert beschlossen. Schwarz-Gelb hat sich damit als taub gegenueber der Kritik erwiesen.

Das Steuervereinfachungsgesetz der Bundesregierung ist eine grosse Enttaeuschung. Schwarz-Gelb vergibt eine Gelegenheit zu echten Verbesserungen. Durch die Ankuendigung von Steuervereinfachungen soll nicht zuletzt von den versprochenen, aber nicht umsetzbaren Steuersenkungen abgelenkt werden.

Die Massnahmen des Gesetzes beschraenken sich auf punktuelle Veraenderungen. Fuer die meisten Steuerpflichtigen fuehrt das Steuervereinfachungsgesetz zu keinerlei Erleichterungen. Die geringen Vereinfachungseffekte stehen damit in einem krassen Missverhaeltnis zu den dadurch verursachten Steuerausfaellen von rund 600 Mio. Euro.

Besonders aergerlich ist es aber, dass Schwarz-Gelb an der Verkomplizierung des Steuerrechts festhalten will und die Kritik fast aller Sachverstaendiger in der Anhoerung des Finanzausschusses ignoriert. Die Bundesregierung ist sich nicht einmal zu schade, die Anhebung des Behinderten-Pauschbetrags abzulehnen, obwohl dies angesichts der Inflationsentwicklung eigentlich ueberfaellig ist. Die Mini-Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages wird fuer die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kaum spuerbar sein. Sie befreit nur ganz wenige Steuerpflichtige von der Notwendigkeit eines Einzelnachweises ihrer Werbungskosten und fuehrt maximal zu einer Entlastung von drei Euro im Monat. Die weitaus meisten Steuerpflichtigen werden weiterhin Quittungen, Belege und Rechnungen sammeln, um am Jahresende pruefen zu koennen, ob ihre tatsaechlichen Aufwendungen vielleicht nicht doch ueber dem angehobenen Pauschbetrag liegen. Auf diesen „unechten“ Vereinfachungseffekt entfallen fast die Haelfte der gesamten Steuerausfaelle.

Die Regelungen zur zweijaehrigen Steuererklaerung, ueber die sich viele Steuerberater auf ihrem diesjaehrigen Jahreskongress lustig gemacht haben, machen das Steuerrecht sogar noch komplizierter. Nicht einmal Hohn und Spott der Fachleute konnten Schwarz-Gelb allerdings davon abbringen, daran festzuhalten. Es geht wohlgemerkt nicht darum, nur noch eine Erklaerung fuer beide Jahre abzugeben, sondern lediglich zwei getrennte Steuererklaerungen fuer zwei Jahre an einem einzigen Termin. Die Finanzaemter muessen deshalb bei der Bearbeitung der beiden Steuererklaerungen gegebenenfalls unterschiedliches Steuerrecht fuer das erste und das zweite Jahr beachten. Ausserdem entsteht unnoetige Mehrarbeit, da die Antraege auf Abgabe einer zweijaehrigen Steuererklaerung geprueft, Vorauszahlungen festgesetzt und Fristen ueberwacht werden muessen.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben angesichts dieser Regelungen nur zwei Moeglichkeiten: sie geben ihre jaehrliche Steuererklaerung wie gehabt ab, weil sie nicht auf die Rueckerstattung zu viel gezahlter Steuern verzichten koennen.

Oder sie lassen sich auf die zweijaehrige Steuererklaerung ein und nehmen Rechtsunsicherheit, laestige Aufbewahrungspflichten und muehsame Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt auf sich.

Das Steuervereinfachungsgesetz ist somit weder ein effektiver Beitrag zur Reduzierung der Komplexitaet des Steuerrechts noch fuehrt es zu einer nennenswerten Entlastung der Steuerpflichtigen von unnoetiger Buerokratie. Die Chance zu einer echten Steuervereinfachung wurde leichtfertig vertan. Auch dieses schwarz-gelbe Steuergesetz ist eine tiefe Enttaeuschung fuer die Buergerinnen und Buerger.

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